Konzertbericht: Pyras Classic Rock Night 2013

20.07.2013 - 20.07.2013 Brauereigutshof, Pyras

Die PYRAS CLASSIC ROCK NIGHT hat sich in den vergangenen Jahren dadurch ausgezeichnet, dass der Name Programm ist. Rocklegenden wie Barclay James Harvest, Mothers Finest und Uriah Heep haben dort bereits die Bühne geteilt. Anno 2013 haben die Veranstalter am Härtegrad geschraubt. Abseits der Rahmenbedingungen geht das Experiment auf.

Die Österreicher LIKE A CAT sehen sich selbst als Verbindung zwischen Hardrock-Gitarrist, Hardrock-Schlagzeuger und einer Sängerin mit einer klaren warmen Stimme. Zu hart geht es beim kurzen Openergig allerdings nicht zu, sondern eher rockig melodisch. Ein paar Zuhörer finden zu Songs wie „Elephant“ den Weg in die überdachte Scheune und werden dort von der Nachwuchsband größtenteils gut unterhalten.

SONY DSC

Mit den aufsteigenden Newcomern KISSIN‘ DYNAMITE haben die Veranstalter schließlich den richtigen Anheizer für den gesamten Tag gefunden. „Money, Sex & Power“ heißt nicht nur das neueste Album der Süddeutschen aus dem Jahr 2012, sondern könnte auch stellvertretend für den Auftritt des ungemein agilen Quintetts stehen. Auf Quotenballaden und ruhige Momente verzichten die fünf Musiker, statt dessen steht bei Songs wie „Love Me, Hate Me“ oder „Addicted To Metal“ der Glam Rock mit einer gehörigen Portion Metal im Vordergrund. Dieser wird nicht nur eingängig vertont, sondern auch mit der nötigen Power inszeniert, so dass das anwesende Festivalpublikum bereits zu vorgerückter Stunde und bei unbändiger Hitze schnell auf Touren kommt. Zu „I Will Be King“ betritt Sänger Johannes schließlich mit Zepter und Robe die Bühne, um langsam das Ende des Gigs einzuläuten. Die Setliste gerät in den rund 60 Minuten mehr zu einer groben Orientierung und man spürt deutlich, dass KISSIN‘ DYNAMITE auf ihrer ersten eigenen Headlinertour im Frühjahr 2012 sowie auf ausgedehnten Touren im In- und Ausland, u.a. in Japan und als Support von U.D.O., viel gelernt haben. So setzt es in Pyras das erste rockige Ausrufezeichen direkt zu Beginn, wenngleich weniger klassisch als viel eher jugendlich-modern.

SONY DSC

Die westfälischen Power-Metaler RAGE stehen wiederum stellvertretend für den Wandel in Pyras. Nie dürften härtere Gitarren und Schlagzeugsounds in der Holzscheune zu hören gewesen sein als bei Peavy und Co. Anfangs leidet das Trio unter Soundproblemen, doch nach kurzer Zeit knallen die Riffs nur so über das Festivalgelände. Dies scheint nicht überall gleichermaßen gut anzukommen, doch die ersten Reihen vor der Bühne fühlen sich bestenfalls unterhalten. Dass es RAGE zu etwas größerer Popularität gebracht haben, beweisen sie mit „Straight To Hell“ vom Album „Welcome To The Other Side“, welches im „Schuh des Manitu“-Soundtrack zu hören ist. Das prägende Riff des Songs kennen einige TV-Gucker auch von verschiedenen Stefan Raab-Events. RAGE selbst waren beim Bundesvision Song Contest 2009 zu sehen, doch der damals drittplatzierte Song „Gib dich nicht auf“ fehlt in der Setliste an diesem Tag. Statt dessen bedienen Peavy, Victor und André mit ihrer bunt gemischten Songauswahl ihre Fans und schrauben gut gelaunt den Härtegrad in Pyras auf ein neues Allzeithoch. Auf szenetypischeren Festivals mit einem höheren Grad an rein metallaffinem Publikum hätte der Auftritt wohl dennoch besser abgeschnitten.

SONY DSC

Setlist RAGE:
Twenty One
Forever Dead
Straight To Hell
Empty Hollow
Drop Dead
Paint The Devil
Refuge
No Regrets
Great Old Ones
Higher
Soundchaser

SONY DSC

 

 

 

Die Eidgenossen KROKUS bekleiden den Semi-Headlinerspot der Pyras Classic Rock Night 2012 – und sind damit (neben Doro Pesch mit Abstrichen) die einzigen, die dem Veranstaltungstitel dieses Jahr gerecht werden. Denn das, was KROKUS spielen und beherrschen, ist wahrlich klassischer Rock in Reinkultur. Oder wie es die Männer selbst nennen: Krok’n’Roll! Bis in das Jahr 1976 reichen die Anfänge der Band zurück – und zumindest musikalisch entführen sie alle Festivalbesucher in eben jene Zeit. „To Rock Or Not To Be“ lautet der Titel ihres 1995er Albums und diese Attitüde verkörpern die Schweizer auch rund 20 Jahre später noch auf der Bühne: Sänger Mark Storace erinnert dabei stimmlich frappierend an Angus Young von AC/DC, vor allem wenn er sich in Songs wie „American Woman“ ordentlich reinkniet und die fiesesten Töne durch seine Lippen presst. Seinen eigenen Charme entfaltet der Fronter, wenn er beispielsweise „Go Baby Go“ allen „energy mamas“ im Publikum widmet oder bei „Longstick Goes Boooom“ mehr oder weniger lasziv-erotisch mit eben jenem Utensil posiert. „Screaming In The Night“ nennt Mark schließlich den Inbegriff des Geists von Krok’n’Roll und leitet damit langsam zum Ende des Sets ein, welches KROKUS mit „Heatstrokes“ beenden. Im Zugabenteil hauen die Schweizer noch einige ihrer Highlights raus, bevor die Menge als Kollektiv zum unvermeidlichen Manfred Mann’s Earth Band-Klassiker „Mighty Quinn“ einnstimmt und die Rockveteranen eine Semi-Headlinershow auf Headlinerniveau mit Easy Listening zu einem wohl verdienten Ende bringen.

SONY DSC

Setliste KROKUS:
Hallelujah
Go Baby Go
American Woman
Longstick Goes Boooom
Dög Song
Fire
Screaming In The Night
Easy Rocker
Bedside Radio
Eat The Rich
Heatstrokes

Hoodoo Woman
Tokyo Nights
Mighty Quinn

SONY DSC

30 Jahre im Geschäft und nur ein bisschen leise: Das könnte die Kurzzusammenfassung für den energiegeladenen Headliner-Auftritt von Powerfrau DORO PESCH sein. Dieser wird darüber hinaus abgerundet durch ruhige Perlen. Trotz (oder vielleicht auch wegen?) ihres Alters braucht die Szeneikone mit ihrer Stimme keinen Vergleich zu scheuen. Zwar mag ihr Organ kein „Children Of The Night“ wie vor 20 Jahren mehr hergeben, doch für imposante Rockballaden wie „I Rule The Ruins“ oder „All We Are“ reicht es immer noch mühelos. Dazu ist DORO viel, oft und scheinbar auch gerne auf der Bühne unterwegs und sprüht vor guter Laune, während sie sich durch ihr bekanntes Posenarsenal inklusive Pommesgabel und wehender Mähne bewegt. Ab und an ist dies zu viel des Guten, doch wirkt ihr Lächeln nie übertrieben affektiert oder erzwungen. Nach all den Jahren scheint sie immer noch für ihre eigene Musik zu brennen und kniet sich wahlweise mit dem nötigen Gefühl oder der erforderlichen Energie in die einzelnen Lieder, die wie das neuere „Raise Your Fist“ oder die etwas ältere Wackenhymne „We Are The Metalheads“ wie aus einem Guss klingen. DOROs Spaß am eigenen Schaffen überträgt sich so spielerisch von der Bühne in die Menge und der Holzschuppen erreicht einen ordentlichen Stimmungspegel, der darin gipfelt, als lauthals aus fast allen Kehlen „All we are – we are all“ gesungen wird. Die blonde Rockröhre verkörpert mit Stimmgewalt immer noch eine Leidenschaft, von der sich verschiedene Diven eine Portion abschneiden könnten. Und ihre Klassiker stehen auch nach vielen Jahren noch für eine musikalische Zeitlosigkeit, wie man sie vor allem in diesem Genre kaum mehr findet. Stellvertreten dafür gerät in Pyras die Gänsehautatmosphäre bei „Für immer“ in einer sternenklaren Nacht. Am Ende widmet sich DORO noch einmal den Fans in den ersten Reihen und spielt ein paar Abschiedssongs wie das kurze Rockintermezzo „Burn It Up“ auf Zuruf. Zu diesem Punkt hatte sie allerdings bereits gewonnen und einen starke Headlinershow aufs Parkett gelegt, wenngleich Krokus stimmungstechnisch insgesamt auf einem ähnlichen Niveau agierten.

SONY DSC

Setlist DORO:
Earthshaker Rock
I Rule The Ruins
Burning The Witches
East Meets West
Hellbound
Night Of The Warlock
We Are The Metalheads
Raise Your Fist
Metal Tango
Für immer
Revenge
Breaking The Law
All We Are

True As Steel
Burn It Up
Fight For Rock

So endet schließlich die Pyras Rock Night 2013, die bis auf die zu langen Umbaupausen von einer Stunde pro Band musikalisch sehr gut zu unterhalten wusste. Einzig Rage konnten mit ihrem Metal keine besonderen Akzente setzen. Doch wird der Trend in Pyras wohl vermehrt in die härtere Richtung gehen. So kündigte der Veranstalter Concertbüro Franken für 2014 bereits indirekt U.D.O. als Headliner an. Wie sich dies mit dem Classic Rock-Credo der Veranstaltung verbinden lässt, wird sich zeigen. 2013 war in jedem Fall der Beweis dafür, dass es klappen kann, vor allem wenn man nicht nur wegen der Musik in das beschauliche Städtchen reist, sondern am besten in der großen Biergartenanlage den Tag mit Freunden verbringt. Zwischen den Bierbänken und -tischen sorgten HUMAN TOUCH mit akustischen Coverversionen für nette Begleitung zum gemütlichen Beisammensein. Für die Hartgesottenen spielten wiederum AM/FM kurz vor Mitternacht eine rockige Rausschmeißershow.

Publiziert am von

Ein Kommentar zu “Pyras Classic Rock Night 2013

  1. *lol*

    Sänger Mark Storace erinnert dabei stimmlich frappierend an Angus Young von AC/DC, vor allem wenn er sich in Songs wie “American Woman” ordentlich reinkniet und die fiesesten Töne durch seine Lippen presst.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert