Festivalbericht: Shamrock Castle 2013

27.07.2013 - 27.07.2013 Schloss Jägersburg, Bammersdorf

Nach dem gelungenen Debüt auf Schloss Jägersburg im beschaulichen Bammersdorf kehrt das SHAMROCK CASTLE 2013 an eben jene Location zurück – und wie. Wieder einmal mischen sich im Line-Up mit Bands wie Firkin, Tir Nan Og und The Sandsacks verschiedene Combos und ihre Interpretationen des irischen bzw. keltischen Folks. Das Gesamtpaket erweist sich dabei – auf größerer Bühne im Vergleich zum Vorjahr – als eine der Festivalüberraschungen dieses Jahres.

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SONY DSCÜberraschend ist dabei bereits der Opener mit den SULZEMOOSER SAUBUAM. Wer an dieser Stelle mit vier Jugendlichen gerechnet hat, die notdurftig schräge Töne aus schlecht gestimmten Gitarren und Schlagzeugen pressen, ist gelinde gesagt überrascht. Takayoshi Sasano and Christian Hedwitschak betreten mit Harfe und Bodrhan bewaffnet die Bühne, um eine Stunde lang mit instrumentaler Musik und verschiedenen Sets zu unterhalten. Die Bretter, die die Welt bedeuten, teilen sie sich dabei lediglich mit ein paar Flaschen bzw. Kästen Bier. Den edlen Sponsor erwähnt Christian in seinen zahlreichen Ansagen in Mundart mehrfach am Rande – oder auch als zentrales Thema. In jedem Fall gibt sich das Duo musikalisch anspruchsvoll und gleichzeitig sehr sympathisch. Anstatt CDs am Merchandisestand anzuprangern, laden die beiden ihre Zuhörer in Ermangelung an physischen Tonträgern zu einem gemeinsamen Bier an gleicher Stelle ein. So ganz mag diese Trinkfestigkeit zwar nicht zur manchmal sphärisch-verträumten Musik passen, doch insgesamt überzeugen die SAUBUAM bei einer ihrer ersten Shows allein durch Extravaganz.

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Benannt nach einem der bekanntesten mystischen Orte der Anderswelt in der irisch-keltischen Mythologie schlagen TIR NAN OG musikalisch als zweiter Act des Tages eine andere Gangart ein: den Irish Folk Rock. Zwei Studioproduktionen namens „After Work“ und „Bitter Brew“ hat das Quintett bis dato veröffentlicht. Eine buntes Potpourri aus jenen Alben präsentieren die Musiker beim Shamrock Castle. Altbekannt Traditionelles wie „Star Of The County Down“ oder „Bonnie Ship The Diamond“ (nebst witzigem Choreographielement) mischt sich dabei mit Eigenkompositionen und als besonderem Schmankerl einer Coverversion des längst vergessenen Luna Luna Klassikers „Wenn ich tot bin“. Letzteres erreicht zwar nicht den Level des Originals, doch insgesamt hinterlassen die Süddeutschen einen überzeugenden Eindruck, besonders an der instrumentalen Front und durch Robert Meyer am Mikro. Dass der Sänger das einzig verbliebene Gründungsmitglied der Formation ist, fällt dabei zu keiner Sekunde auf. Lediglich der Gesang von Roberts weiblichem Pendant Carina hält nicht den Level des Kollektivs. So dringt während des rund 60-minütigen Auftritts manch schiefer Ton über die Anlage im Schlosshof, was jedoch den Gesamteindruck nicht merklich trübt. Dafür wirken die Kompositionen und Interpretationen insgesamt zu frisch, zu spritzig und zu neu.

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Setliste:
Star Of The County Down
Sometimes When I’m Drunk
Botany Bay
Johnny Pirate
Jeffrey’s Inn
Johny Cope
Bonnie Ship The Diamond
Running
Mary Mac
Leaving Of Liverpool
Raggle Taggle Gipsy
Unknown Soldier
All For The Grog

Donald Where’s Your Trousers
Wenn ich tot bin

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Alte Bekannte auf dem Shamrock Castle sind THE SANDSACKS. Die Berliner gehörten bereits 2010 zum Line-Up, doch 2013 hat sich nicht nur die Festivalocation, sondern auch das Bandkonzept der Ostdeutschen geändert: Der traditionelle Irish Folk der Berliner ist auf ihrem 2012er Werk „Far Away“ handfestem Folkrock gewichen, bei dem Geiger Christoph nun als waschechter Frontmann agiert. Passend zur neuen musikalischen Ausrichtung geraten auch die Bühnenoutfits der sechs Musiker: So haben THE SANDSACKS ihre Zimmermannskluft früherer Tage u.a. gegen schwarze Muskelshirts eingetauscht. Darüber hinaus wurde das Live-Ensemble passenderweise um ein Schlagzeug und eine E-Gitarre erweitert, die für den nötigen Rock zum Folk sorgen. Auf dem Shamrock Castle wirkt der generalüberholte Stilmix deutlich passender und gelungener als auf dem Feuertanz 2012. Die neuen Kompositionen wie „Life Ain’t Nice“ strotzen zwar noch nicht vor musikalischer Selbständigkeit, doch die Menge in Bammersheim stört das wenig und genau wie Tir Nan Og zuvor überzeugt das Gesamtpaket. Einzig auf weibliche Elemente verzichten THE SANDSACKS im Vergleich zu ihren Vorgängern vollends. So entwickelt sich trotz tropischer Hitze eine prächtige Stimmung, die gegen Ende im kollektiven Square Dance gipfelt.

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Die ungarischen FIRKIN feiern ihr Debüt auf dem Shamrock Castle 2013. In Deutschland noch größtenteils unbekannt erinnert die Musik an eine Mischung aus Russkaja, den Dropkick Murphys und Fiddler’s Green. Mit Geigerin Lili verfügt die Kapelle über einen echten Hingucker, der darüber hinaus sein Instrument beherrscht. Was sonst noch musikalisch im osteuropäischen Siebener steckt, wird bereits früh beim allseits bekannten „Whiskey In The Jar“ deutlich: FIRKIN sind auf Zack. Besonders Geigerin Lili und PJ an den Flöten sind das belebende Element auf der Bühne, vor allem im direkten Zusammenspiel. Als Kollektiv entstauben die Ungarn sogar den „Lord Of The Dance“, ehe mit dem „Drunken Sailor Song“ ein Highlight der Semi-Headlinershow folgt. FIRKIN bauen den bekannten Chorus um und erschaffen damit ein völlig neues Lied, welches sich live als bestes Feiermaterial erweist. Im Vergleich zu den Vorgängern setzt das Septett mehr auf Eigenkompositionen, die von Sänger Barna charismatisch und stimmgewaltig präsentiert werden. Im Zugabenblock folgt als letztes Aufrufezeichen eine mehrminütige Instrumentalnummer voller Esprit, Melodie und Tempo. Ein gewagtes Experiment am Ende des Sets, doch FIRKIN krönen damit ihren Auftritt, der nach einem baldigen Comeback geradezu schreit.

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Setliste:
Beer Almighty
Whiskey In The Jar
Seven Deadly Sins
Galway Races
Rebels Of The Sacred Heart
High & Low
Beggarman
Dirty Julie
Lord Of The Dance
Drunken Sailor Song
Idyll On A Hill
Keep On Drinking
Finger In The Pie
Drunken Lullabies
Firkinful Of Beer

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Einen Tag nach der Veröffentlichung ihres neuen Albums „Winners & Boozers“ errichten FIDDLER’S GREEN auf ihrem Haus- und Hoffestival noch einmal die „Wall Of Folk“. Ähnlich zum Feuertanz 2013 mutiert der Auftritt der Wahliren binnen der ersten Songs wie „Life Full Of Pain“ zu einem Selbstläufer. Wie schon in Abenberg verzichten die Speedfolker in ihrer Setliste sogar auf den Namensgeber der vorletzten Studioproduktion, doch mit „The More The Merrier“ findet sich dieses Mal ein neuer Song im Programm, der ähnlich gut aufgenommen wird wie das übrige, etablierte Liveset. Dieses besteht auch aus durchschnittlichen Studiokompositionen wie „Bottom Of Our Glass“ oder „Green & Fellows“, die allerdings ebenso funktionieren wie die obligatorische Wall of Folk zur „Rocky Road To Dublin“ mit Sänger Albi in der Menge. Stimmungstechnisch erlebt der Schlosshof am Ende sein Tageshighlight bei Nacht bis kurz vor 0 Uhr: Angeheizt wird die Menge dabei durch irische Livegranaten wie „P Stands For Paddy“, „Mrs. MacGrath“ oder „Victor And His Demons“. Mit einigen instrumentalen Zwischenspielen wie „Tam Lin“ sind die Verschnaufpausen im Feiermarathon geschickt gewählt.
Dazu zaubern FIDDLER’S GREEN für ihr Heimspiel als besonderen Programmpunkt ein kleines Akustikset nebst Klavierbegleitung aus dem Ärmel: Bei „Lost To The Moon“ wirkt das Zusammenspiel von Klavier und Albis Gesang nicht immer harmonisch, dafür blüht „Apology“ mit Pats saitenunterstützem Gesang zu einem völlig neuen Leben auf und setzt das balladesque Aufrufezeichen des Abends. Das rockige „Highland Road“ erhält durch die Klaviernote wiederum einen völlig neuen Touch, der dem Song nach kurzer Eingewöhnung relativ gut zu Gesicht steht. Für alle Neugierigen gibt es eben jene Klavierversionen auf einer Special Edition von „Winners & Booners“ zu kaufen. Doch damit zurück zum Shamrock Castle: Im Rahmen von „Star Of The County Down“ entfliehen schließlich alle Fiddlers in die Zuschauer und zelebrieren inmitten ihrer Anhänger den gesamten Song. Das Ende findet die bahnbrechend energiegeladene Show schließlich mit dem Klassiker „Blarney Roses“. Verglichen mit anderen Möglichkeiten wie dem live eher unspektakulären „Dirty Old Town“ treffen FIDDLER’S GREEN auch am Ende eine goldrichtige Wahl. Und schlagen damit stets den richtigen Ton an.

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Setliste:
Life Full Of Pain
Jump
Scolding Wife
P Stands For Paddy
Mrs. MacGrath
Walking High
I’ll Tell Me Ma
Victor And His Demons
Greens & Fellows
Lost To The Moon (akustisch)
Apology (akustisch)
Highland Road (akustisch)
Tam Lin
Rocky Road To Dublin
Star Of The County Down
Yindy
Bottom Of Our Glass
The More The Merrier
The Night Pat Murphy Died
Captain Song
Folk’s Not Dead

Drive Me Mad
Bugger Off
Blarney Roses

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Eben jenes Urteil lässt sich auch über das gesamte SHAMROCK CASTLE 2013 fällen. Trotz stilistischer Unterschiede wirkt das Line-Up wie aus einem Guss und jede Band kann auf ihre eigene Art überzeugen – trotz teils identischem Liedgut in anderen Variationen. In dieser Form haben Fiddler’s Green eine echte Alternative zu den Burgenfestivals geschaffen, die nicht nur für Anhänger des Irish Speedfolk geeignet ist. Bereits kommendes Jahr dürfte die Veranstaltung kein Geheimtipp mehr sein. Dazu kommen in Bammersdorf hervorragende Rahmenbedingungen wie kostenloses Campen und eine großzügige Außenanlage mit allerlei Ständen sowie einer kleinen Bühne, auf der 2013 erneut JOE GINNANE mit Coversongs für hervorragende Zwischenunterhaltung sorgt. Auch im kommenden Jahr wäre ihm der Openerspot zu gönnen – und dem Festival an sich eine ähnlich hervorragende Bandauswahl sowie ein ebenso frenetisches Publikum. Slainte!

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