Konzertbericht: The World Is A Beautiful Place & I Am No Longer Afraid To Die w/ Mewithoutyou

27.01.2016 München, Kranhalle

TWIABP Mewithoutyou Header

Dass „Emo“ in den späten 90ern und frühen 2000ern kein Schimpfwort war, sondern dieses Genre mit Bands wie Mineral, Sunny Day Real Estate oder American Football einige absolut großartige Gruppen hervorgebracht hat, die wunderschöne Melodien, komplexe Rhythmen und emotionale Texte in einer Mischung aus (Indie-)Pop und Härte kombinierten, ist kein Geheimnis. Dass sich in den letzten Jahren wieder einige Bands diesem Genre zugewandt haben, und Post Hardcore mit diesen Einflüssen vermengen, ist daher umso schöner. Wie passend ist es demnach, dass sich mit THE WORLD IS A BEAUTIFUL PLACE & I AM NO LONGER AFRAID TO DIE einer der wichtigsten Vertreter der neuen Garde mit den alten Recken von MEWITHOUTYOU zusammen tut und beide Bands Anfang 2016 auf eine Co-Headliner-Tour durch Europa gehen. Dass die Münchner Kranhalle beim dortigen Tourstop an einem Mittwoch Abend dann zwar locker, aber doch extrem gut gefüllt ist, zeigt die derzeitige Popularität dieser Musik auf.

mewithoutYou for Tooth & Nail Records shot near Newtown Square, PA

Mit einer guten halben Stunde Verspätung betreten um 20.40 zuerst MEWITHOUTYOU die Bühne und begrüßen das Publikum sehr zurückhaltend. Mit ihrer Mischung aus Post Hardcore, Indierock und Einflüssen aus Folk und Americana wissen die Musiker aus Philadelphia bereits seit 2001 zu überzeugen und gelten nicht umsonst als eine der größten Konstanten im Post-Hardcore-Genre. Zwar ist der Sound zu Beginn des Sets noch nicht ganz eingepegelt, spätestens nach zwei Songs stimmt allerdings alles: Die Band hat ganz offensichtlich große Lust am Konzert, Sänger Aaron Weiss – der stimmlich zwischen Conor Oberst von Bright Eyes, Jordan Dreyer von La Dispute und Patrick Kindlon von Self Defense Family changiert – wechselt stetig zwischen einem verzerrten und unverzerrten Mikrofon hin und her und ein Hit reiht sich an den nächsten. MEWITHOUTYOU spielen zwar viele Songs ihres 2015 erschienenen Albums „Pale Horses“, geizen aber auch nicht mit alten Nummern, die beim Publikum für großen Jubel sorgen. Gerade dass Aaron immer wieder zur Akustikgitarre greift, und die vertrackten Songs gemeinsam mit seinem teilweise geflüsterten, teilweise gesprochenen, teilweise geschrienen Vocals eine ganz eigene Dynamik entwickeln, stellt sich im Livesetting als absolut mitreißend heraus. Nach einer guten Stunde sind MEWITHOUTYOU schon am Ende ihres Sets angekommen, nur um sich nach dem Konzert unter das Publikum zu mischen.

The World Is A Beautiful Place &I Am No Longer Afraid To Die 01

Nach einer kurzen Umbaupause, in der nahezu alle Anwesenden nach draußen gehen und leider nicht mehr restlos wieder zurückkommen, betreten die acht Musiker von THE WORLD IS A BEAUTIFUL PLACE & I AM NO LONGER AFRAID TO DIE die Bühne. Ja, richtig: acht Musiker, von denen vier Gitarre spielen. Ob das wirklich nötig ist, ist allerdings nach ein paar Sekunden Nebensache: Der Sound ist kristallklar, in den lauten Passagen wuchtig, in den ruhigen Passagen filigran und die Band ist derart leidenschaftlich und engagiert am Werk, dass es eine wahre Freude ist, zuzusehen. Dabei gibt es einen wilden Mix aus alten und neuen Songs, wobei auch einige der vielen 7“-Veröffentlichungen nicht ausgespart werden. Während Mewithoutyou direkter zu Werk gingen, bauen THE WORLD IS A BEAUTIFUL PLACE & I AM NO LONGER AFRAID TO DIE immer wieder Interludes ein und betten ihre Songs in kleinen Jamsessions und Feedbackschleifen ein. Dadurch entsteht zwar eine ganz eigene, packende Atmosphäre, im Verlauf ihres Sets übertreiben die Musiker dieses Prinzip allerdings ein wenig. Dieses Stilmittel nuanciert einzusetzen würden den wunderschönen Hymnen der Band deutlich besser zu Gesicht stehen. Insgesamt sind die Songs von THE WORLD IS A BEAUTIFUL PLACE & I AM NO LONGER AFRAID TO DIE live deutlich wuchtiger und heftiger als dies auf Platte den Anschein hat, was ihnen einen ganz eigenen Charakter verleiht. Nach einer Stunde ist es auch hier so weit und unter lautem Jubel der leider zahlenmäßig nicht mehr so stark vertretenen Zuschauer verlassen die acht Musiker nach einer Zugabe die Bühne.

HarmlessnessUnd so geht um 23 Uhr ein großartiger Musikabend zu Ende. Beide Bands sprühten nur so vor Spielfreude, das Publikum war oft textsicher und hatte Lust zu tanzen. MEWITHOUTYOU wussten mit ihrem etwas direkteren, dennoch stets vertracktem Post-Hardcore nach anfänglichen Soundproblemen zu gefallen und THE WORLD IS A BEAUTIFUL PLACE & I AM NO LONGER AFRAID TO DIE lieferten, trotz einiger zu ausufernder Feedbackspielereien, ein frühes Konzerthighlight 2016 ab. Insgesamt zeigt dieser Abend: Emo ist auch 2016 kein Schimpfwort, wenn man sich etwas genauer damit auseinandersetzt, was damit eigentlich gemeint ist.

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