Konzertbericht: Versengold

05.12.2014 München, Spectaculum Mundi

Aller guten Dinge sind drei. In rund 18 Monaten bespielen VERSENGOLD zum dritten Mal die kleine Clubbühne des Spectaculum Mundi im Süden Münchens, dieses Mal im Rahmen ihrer winterlichen „Folknächte“-Tour. Inzwischen hat sich die Kurzweiligkeit und musikalische Qualität der Gastspiele der aufstrebenden Nordlichter auch fern ihrer Heimat herumgesprochen, so dass alle Tickets bereits mehrere Wochen vor dem 05. Dezember 2014 restlos ausverkauft sind. Warum dies so ist, zeigt sich im wahrsten Sinne des Wortes in Windeseile und verfliegt in den folgenden zwei Stunden zu keiner Sekunde.

Zunächst steht der Abend aus technischer Sicht unter keinem guten Stern: Die Geige von Honza stellt beim Opener „Versengold“ eines der tragenden Instrumente dar, quittiert aber spontan ihren Dienst. Doch statt Versengold geben die vier übrigen Musiker ungeachtet des kleinen Malheurs einfach Vollgas – verbal wie musikalisch. So witzelt Frontmann Snorre, dass sich das VERSENGOLD-erfahrene Konzertpublikum in München die Geigenspuren wahrscheinlich problemlos dazu denken kann, während Pinto an seiner Bodhran spontan Gefallen an der neuen Version des Stücks findet. Nach diesem kurzen Intermezzo kehrt Honza mit seinem Paradeinstrument zurück und die wieder vollzählige Kapelle steigt in der dritten Strophe noch einmal in den Song ein. Das furiose Spiel des Teufelsgeigers wird dabei lautstark gefeiert und VERSENGOLD legen direkt zu Beginn den Grundstein für einen furiosen Abend, der ganz im Zeichen bzw. eher im Namen des Folkes steht.

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Dabei wäre es für die Nordlichter ein Leichtes gewesen, das in München bewährte Rezept der vergangenen beiden Shows einfach zu kopieren. Doch der Anspruch von Snorre, Pinto und Co. liegt darüber: So ist ihnen beispielsweise „Ich und ein Fass voller Wein“ zu sehr zu einem Rausschmeißer mutiert, weswegen die fünf Musiker den Song dieses Mal mitten in die Setliste integrieren. München belohnt dies mit vier vollständig mitgesungenen Strophen nebst Refrain, wonach VERSENGOLD als Kollektiv sichtlich beeindruckt in die Menge blicken. Auch die letzten Reihen im Spectaculum Mundi zeigen sich an diesem Abend sehr stimmgewaltig und bewegungsfreudig, einerseits gleich zu Beginn beim zweiten Song „Immer schön nach unten treten“ und andererseits besonders am Ende im Refrain von „Halunken betrunken“. Die Band honoriert die nennenswert starken Reaktionen von Anfang an mit Spielfreude, Leidenschaft und zwischendurch mit einem bis dato unveröffentlichten Song namens „Ihr seid Musik“. Einzig dieser erweist sich noch nicht als vollständig ausgereift.
Dafür feiern mit der Ballade „In Schmutz und in Schande“ sowie dem marktgeschwängerten Gassenhauer „Trunkenbolde“ zwei nie vergessene Klassiker ihre umjubelten Live-Comebacks. Bei Zweiterem übernimmt Gastsängerin Silja den weiblichen Gegenpart zu Snorre. Ihr zweiter Gastauftritt an diesem Abend: Den ersten feiert sie wieder bei „Auf in den Wind“, welches nochmals deutlich besser daher kam als beim Live-Debüt im vergangenen Jahr.

Wer am Ende doch noch etwas vermisst, wird mit einem Medley entschädigt, im Rahmen dessen deutlich wird, dass Marktnummern „…und schon wieder rollt ein Kopf“ auch im clubtauglichen Folkrockgewand allerbestens funktionieren. Die Menge tobt, ehe VERSENGOLD ganz zum Schluss mit „Vom Zauber des jungen Wildfräuleins“ noch einmal ihre ruhigsten Töne anschlagen und Snorres gefühlvoller Gesang für Gänsehautatmosphäre sorgt. Gewidmet ist der Song an diesem Abend einem jungen MPS-Weggefährten der Band, der mit Anfang 20 bei einem tragischen Autounfall ums Leben gekommen ist. Ein Moment der Stille und Besinnung am Ende von über 120 Minuten Folkmarathon. Chapaeu! Oder eher: Hoch die Tassen!

Nach drei Konzerten in kurzer Zeit dürften VERSENGOLD mit ihren stetig wachsenden Besucherzahlen dem beengten Raum des Spectaculum Mundi endgültig entwachsen sein. Das ist lediglich für die Veranstalter schade, denn nach München werden die Mittelalterfolker sicherlich gerne zurückkommen. Wie man seine Band und seine Musik in einer Stadt am anderen Ende Deutschlands etabliert, haben VERSENGOLD in den letzten beiden Jahren mustergültig bewiesen. Hier trifft mittelalterlicher Marktcharme auf schweißtreibende Folk-Clubparty. Inzwischen steht die vielzitierte intime Hallenatmosphäre, in der man bei direktem Kontakt zwischen Band und Fans die Luft spätestens nach dem ersten Konzertdrittel in Scheiben schneiden kann, den Musikern mindest ebenso gut zu Gesicht wie die großen Marktbühnen der Republik.

Setlist VERSENGOLD:
01. Versengold
02. Immer schön nach unten treten
03. Im Namen des Folkes
04. Meuterey
05. In Schmutz und in Schande
06. Seemannsgarn
07. Ich und ein Fass voller Wein
08. Auf in den Wind
09. Wem? Uns!
10. Ihr seid Musik
11. Halunken betrunken
12. Drey Weyber
13. Paules Beichtgang

14. Medley
15. Trunkenbolde
16. Die Ballade vom jungen Wildfräulein

Anm. des Redakteurs: Bei den verwendeten Fotos handelt es sich um eigene Archivaufnahmen der vergangenen Auftritte von Versengold im Spectaculum Mundi.

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