Geist: Currywurst und Pommes im Studiotagebuch Teil 4

Diesmal ohne viel Geschwafel der vierte Teil des Studiotagebuchs, bevor morgen der letzte Teil der ersten Hälfte des Berichts erscheint, der inzwischen liebevoll in „Logbuch“ umbenannt wurde. Wer die ersten drei Teile verpasst hat, kann sie sich hier nochmals zu Gemüte führen.

Tag 4 – 18.12.

Ich habe es wirklich versucht. Ich wollte alles so gut wie möglich machen und Hedrykk, nachdem er gestern so gute Arbeit geleistet hatte, eine Freude machen. Aber es ist alles schief gelaufen, und das schon ganz früh am Tag: das Frühstücksei war unserem Herrn Rhythmusgitarristen viel zu weich.

Wir haben dann trotzdem alles gegeben, um den Tag zu retten, und im Studio nochmal wirklich alles gegeben. Hedrykk hat einige sehr schöne Feedbackgitarren für das Intro von „Helike“ eingespielt, und am Abend noch drei Stunden mit einem garstigen Stahlsaitenmonster von einer Gitarre gekämpft, um Intro und Outro zu „Unter toten Kapitänen“ in den Kasten zu kriegen. Zum Amüsement unseres Gastes, Sebastian von SONIC REIGN, hat die Gitarre die ersten Runden gewonnen, ist nach sämtlichen Tricks und Kniffen allerdings dann doch K.O. gegangen.

Zwischendurch war ich selbst, nach drei Tagen Dirigieren, Meckern und Abnicken , endlich an der Reihe, ein Instrument zur Hand zu nehmen. Da ich selbst dieses Studiotagebuch schreibe, kann mich bedauerlicherweise ja niemand Drittes darin loben – deshalb muss ich leider selbst schreiben, dass ich mich eigentlich nicht schlecht geschlagen habe. Die Bassspuren für alle fünf Stücke waren in drei oder vier Stunden erledigt. Darunter auch einige wirklich sinistre Parts, in denen der Bass mehrere Oktaven unter den Gitarren für einen enormen, finsteren Schub sorgt. „Einen Winter auf See“, das sich im jetzigen Stadium zu Markus Stocks Favoriten entwickelt hat, gewinnt durch den Bass extrem an Tiefe. Der Song macht seinem Titel alle Ehre – ein stilistisch schwer greifbares, kaltes, monströses Lied mit Harmonien, die mit keinem unserer vorherigen Stücke vergleichbar sind. Andere Songs entwickeln mit jedem weiteren Arbeitsdurchgang unerahnte Facetten. „Durch lichtlose Tiefen“ tendiert zu einem straighten Rockeinschlag auf der einen und einer dumpfen, Gänsehaut erregenden, gestaltlosen Dunkelheit aus Triolen auf der anderen Seite. „Galeere“ ist ein typischer Opener, direkt, ergreifend, mitreißend. Ich bin immer gespannter, wie die Songs fertig und mit Gesang klingen werden.

Heute Abend sollte Larva B. Caneer eintreffen, mit dem Zug frisch aus Bielefeld importiert, um morgen seine Lead- und einige wenige Rhythmusparts einzuspielen. Wie man es von der Deutschen Bahn gewohnt ist, hat der Zug natürlich Verspätung, und der Mann kommt fast zwei Stunden später, mitten in der Nacht, am gottverlassenen Bahnhof von Mellrichstadt an. Das Schlimmste daran ist, dass ich schon vor Wochen für diesen Tag Currywurst und Pommes versprochen habe, obwohl ich unter normalen Umständen wirklich nur noch ins Bett möchte. SATYRICONs „Roadkill Extravaganza“ und eisgekühltes Beck’s halten Hedrykk und mich solange wach. Drei (selbstverständlich umgedrehte) Kreuze, wenn wir morgen Abend alles im Kasten haben und auf dem Weg in die Heimat sein werden.


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Publiziert am von Marius Mutz

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