Geist: Das Studiotagebuch – 1,2,3,4,5…9?!

Den meisten dürfte Alboin mit dieser Zählweise Rätsel aufgeben, doch was dahintersteckt, erklärt er sogleich im ersten GEÏST-Studiotagebuch des neuen Jahres. Warum bei den restlichen Aufnahmen außerdem nur noch frostbitten Black Metal entstehen kann, erfahrt ihr dort erbenfalls:

Tag 9 – 08.01.2009

Willkommen zurück zu unserem überaus kurzweiligen Studiotagebuch! Um gleich jeder Diskussion aus dem Weg zu gehen: dies ist tatsächlich der neunte Tag unserer Albumproduktion. Während sich die ganze Band in den letzten drei Wochen einen ansehnlichen Winterspeck angefressen hat, musste Markus Stock im Schein eines Radiators (stilecht zur Ausstrahlung des Albums war die Heizung ausgefallen) mutterseelenallein drei Tage lang am Mix arbeiten. Rockstars, die wir sind, sind wir nun nur noch zum Meckern und Verbessern zurückgekommen – und natürlich, um den Gesang und alle Keyboards aufzunehmen. Nach drei Tagen werden wir uns dann aus Steuergründen wieder auf die Bahamas verdrücken und Markus das Mastering überlassen.

Um 10:30, nach über vier Stunden Blindflug über gottverlassene Autobahnen (die Scheibenwischanlage war natürlich eingefroren, genau wie die Innenseiten der Seitenscheiben), sind wir zurück im noch leicht verschneiten, vom -27°-Rekordfrost an den Eiern gepackten Mellrichstadt. Obwohl wir neugierig auf das Mixwerk des Meisters sind, halten wir uns damit momentan nicht auf und gehen sofort daran, die Keyboards aufzunehmen. Weil viele der längeren Ambientparts schon im Vorfeld fertig gespielt oder programmiert wurden, geht das verhältnismäßig schnell. Bis zum Eintreffen Cyphers am frühen Nachmittag haben wir den größten Teil schon fertig. Darunter sind neben einigen nostalgisch-windigen Black-Metal-Chören mit dem Flair der 90er-Jahre auch akzentuierende Pianoeinsätze, glänzende French Horns und heroische Trompeten, subtile Streicher, donnernde Bässe wie von Kanonenschlägen und bedrohliche Pauken, fast psychedelische Synthesizersounds, und dazu ein paar Überraschungen, die jeder in ein paar Monaten selbst suchen darf.

Ein wenig Schwierigkeiten macht uns ein Relikt aus einer Zeit, als ich noch nicht Kapitän dieser großartigen Band war: ein originales Weltmeister-Akkordeon, mit dem Faruk ein wenig zu kämpfen hat. Das Ergebnis seiner Bemühungen ist die Investition aber wert. Das Instrument klingt unvergleichlich klapprig und alt und erinnert uns unweigerlich an die ranzigen Hafenkneipen aus 50er-Jahre-B-Movies.

Insgesamt geben die synthetischen Instrumente und die vielen netten Details den Songs eine interessante Würze, von der ich glaube, dass sie die Stücke für sich ziemlich wiedererkennbar und eigen macht. Das ist etwas, was ich an vielen Alben selbst vermisse: die Eigenheiten der einzelnen Lieder, die aber im Zusammenklang nie den roten Faden vermissen lassen. Vor dem Feierabend schaffen wir sogar noch den Gesang zu den drei Songs „Einen Winter auf See“, „Galeere“ und „Helike“ – in weniger als zwei Stunden. Nach kurzer Aufwärmphase ist Cyphers Stimme ausdrucksstark, variabel und passt wie die Faust aufs Auge zur jeweiligen Stimmung der Songs. Ich wage zu behaupten, dass wir sogar auf „Patina“ keinen so intensiven Gesang hatten, so ungewöhnliche und metaphorische Texte vermutlich erst recht nicht. Ich bin wirklich gespannt, die Songs ab morgen Abend gemischt und mit allen Details zu hören.

Ich nehme mir ab jetzt, um das noch kurz zu erwähnen, heraus, so wie Fenriz den dozierenden Metalpapst mimt, meine Rolle als Unterhaltungsfilmpapst wahrzunehmen und weiterhin mit Filmempfehlungen zu glänzen. Diesmal verschreibe ich „Die nackte Pistole“, die leider sträflich vernachlässigte Vorgängerserie der großartigen „Die nackte Kanone“-Filme. Der Erfahrung nach macht sich Salamipizza und/oder Frühlingsrolle sowie Beck`s ganz gut. Und man muss danach früh schlafen gehen, übrigens.


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Publiziert am von Marius Mutz

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