Review 3 – The Ghost You Gave To Me

Dass 3 bisher nicht die ganz große Bekanntheit erringen konnten, ist angesichts des neuen Albums „The Ghost You Gave To Me“ zwar schade, angesichts des unscheinbaren Bandnamens aber wohl auch nicht außerordentlich überraschend. Dass man für seine Alben aber wohl mehr Ideen verbrät, als die Ziffer suggeriert, legt die Teilnahme an Touren mit Porcupine Tree, Dream Theater oder Opeth nahe.

Musikalisch unterscheidet man sich von den genannten Acts vor allem insofern, als man, obwohl man ebenfalls weiß, wie es klingen muss, wenn man den Hörer zwischendurch mit brachialer Riff-Power überfahren will, den größten Teil der Spielzeit einen federleichten Sound pflegt, der irgendwo zwischen unbeschwertem Progressive Rock und den Ambient/Pop-lastigen Alben des Meisters Townsend pendelt. In guter Progressive-Metal-Tradition steht dagegen die kreative, bisweilen auch vertrackte Instrumentalarbeit. Zusammen mit fixem Gitarren-Geplänkel, das zumeist untermalend wirkt, soll mit diesen Elementen düstere, entrückte Stimmung geschaffen werden – klar, irgendwo muss der „Ghost“ im Albumtitel ja herkommen. 3 werden hier in ausschließlich positivem Sinne Opfer ihrer eigenen Fähigkeiten: Die kunstvolle Instrumentierung und vor allem die großartigen Gesangsmelodien, die selbst unkonventionellen Songstrukturen einen poppigen Charakter aufdrücken, lassen meist nicht auch nur den Hauch bedrückender Atmosphäre aufkommen – zu viel Spaß macht es, der Band bei allem zuzuhören, was sie tut. Denn sie macht es immer richtig.
„The Ghost You Gave To Me“ ist für Frickel-Fanatiker definitiv zu songorientiert und zu unaufdringlich produziert. Und überhaupt zu unkompliziert. Dieses Album läuft seine kompletten 54 Minuten locker runter, ohne dass man irgendwann mal etwas nicht verstanden hatte, aber eben trotzdem auch ohne dass die Abwechslung auf der Strecke bleibt. Wenn man hört, wie viele großartige Melodien 3 im Verlauf der Spielzeit aus dem Ärmel schütteln und wie genial das Resultat ist, fragt man sich doch manchmal, warum viele andere Metal- oder Rockbands (so richtig klingt „The Ghost You Gave To Me“ effektiv nach keinem von beidem) sich nicht mal ein bisschen mehr Mühe mit ihren Alben geben.

Ein Progressive Rock / Metal-Album mit Pop-Appeal, 54 Minuten Easy Listening trotz höchstem technischen Niveau. Ist das cool? Ziemlich. 3 haben’s drauf, Musik zu machen, die unaufdringlich im Hintergrund laufen kann und die trotzdem immer Detailreichtum, Konzept und Stimmung bereithält, wenn man sich mal näher mit ihr beschäftigen möchte. Mehr kann man von einer CD eigentlich nicht mehr wollen, die Höchstnote wird lediglich verwehrt, um einem zu erwartenden Geniestreich mit noch größerer Prägnanz gerecht werden zu können.

Anspieltipps: „Only Child“, „The Ghost You Gave To Me“, „Pretty“

Wertung: 9 / 10

Publiziert am von Marius Mutz

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