Review Курск – Имена на стене

  • Label: Ranka Kustannus
  • Veröffentlicht: 2014
  • Spielart: Doom Metal

KYPCK (mitteleuropäisch einfacher KURSK) sind scheinbar das Gegenstück zu Kauan. Auch wenn beide Bands völlig unterschiedliche Musik spielen, haben sie doch eines gemeinsam bzw. eben genau nicht: Während die Russen Kauan unbedingt auf Finnisch singen müssen, tun es die Finnen KYPCK auf Russisch. Muss man nicht verstehen, man kann es aber, denn Fronter Erkki Seppänen spricht aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit in der Botschaft in Moskau die Sprache perfekt. „Имена на стене“ heißt die neue Platte und mit einiger Hilfe erschließt sich auch die Übersetzung: „Namen an der Mauer“.

Exotenbonus also für eine Band aus einer der Metalmetropolen, die Rede ist von Oulu, bekannt für Kapellen wie Legenda, Catamenia, Kalmah, Poisonblack – die Metal-Archive listen alleine über 150 – und natürlich Sentenced. Wie es der (skandinavisch ganz untypische) Zufall so will, sind von der Legende direkt mal Sami Lopakka und Sami Kukkohovi mit an Bord.
Grobe stilistische Vorstellungen mag das schon hervorrufen, mit Melodic Death oder Gothic Metal wie in der Ursprungsband hat KYPCK aber trotzdem nichts zu tun. Vielmehr spielt man die Doom-Karte, diese dafür aber zackig. Man, das ist echt mal wohltuend, eine Band, die sich nicht in viertelstündigen Schwurbeleien ergeht, sondern auch mal das Messer zwischen die Zähne nimmt. Natürlich ist die Grundausrichtung klar und die Mehrheit der zehn Songs ist auch maximal im unteren Midtempo angesiedelt, aber immerhin scheut man sich nicht, auch mal Gas zu geben und dies an allen Fronten. Sogar das Schlagzeug kommt hier und da aus sich heraus, das Tempo geben sonst eher die Gitarren vor, für ein zünftiges Grundgerüst sorgt der metertiefe Bass, bei dem man die Schwingungen der Saiten förmlich mitzuzählen vermag. Dazu leicht angezerrt und fertig ist ein solides Fundament, auf dem der Rest gewaltige Wände von ungeheurer Massivität aufbaut.
Das Konzept geht voll auf, „Имена на стене“ ist voller mächtiger Epen, es ist atmosphärisch und groß. Die Songs gehen entweder zügig ins Ohr, wie das absolut hymnische „Дети Биркенау“ (das müsste „Kind(er) von Birkenau“ heißen und würde dem Video (s. u.) entsprechen) oder das flotte „Белорусский снег“ (möglicherweise „Weißrussischer Schnee“). Andere Lieder entfalten sich lieber etwas langsamer und das ist für die Dauerwirkung der Platte auch gut so. Gemeinsam haben sie alle aber die großartige Stimme von Erkki, der nicht nur russisch spricht, sondern es auch noch cool singen kann. Schließlich erwartet man von der Sprache eine gewisse „harte“ Aussprache und ist das finnische aufgrund seiner Vokalhäufung eine tendenziell eher melodisch, so verlangt russisch mal wenigstens das gerollte „R“. In Kombination mit der nordischen Stimme perfekt, wie man es einfach von vielen Bands aus dem hohen Norden kennt.

Metal zum Wohlfühlen, „Имена на стене“ gefällt auf der ganzen Linie, es gibt schnell viel von sich preis, verschießt sein Pulver aber nicht gleich im ersten Angriff. Dies noch als kleiner Zusatz zu den Texten, die Übersetzungsversuche der Songtitel lassen es bereits erahnen: Es geht um russische Geschichte und Krieg, auch wenn man nun gerade kein Geschichtsfanatiker ist, weiß man doch, das passt zusammen (wie vermutlich für die meisten Länder). Dazu passt exzellent das düstere Artwork, welches eindringliche Bilder aus der Geisterstadt Prypjat, der nächstgelegenen Siedlung am Unglücksreaktor von Tschernobyl, zeigt.
Wie auch immer, KYPCK sind gut, die Platte ist richtig fett und sollte dringend angetestet werden, auch von denjenigen, die Doom sonst maximal zur Behebung von Einschlafstörungen verwenden.

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Wertung: 8.5 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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