Leider etwas verspätet, bespreche ich heute eine Veröffentlichung aus einem unserer Nachbarländer, nämlich Frankreich. Insofern ist der gewählte Termin vielleicht nicht ganz verkehrt, sprach doch der geschätzte Kollege Patrick in der ersten Ausgabe seiner nun regelmäßig erscheinenden Kolumne rund um den Schwarzmetall, kürzlich erst die Raffinesse so mancher französischer Kapelle an, die mehr Beachtung verdienen solle. Meiner Ansicht nach darf man auch AES DANA in diese Aufzählung einreihen. Spielen sie auch keinen reinen Black Metal, wie die angesprochenen Vertreter französischen Schwarzmetalls, haben sie mit „Formors“ trotz alledem ein interessantes Werk abgeliefert. Nach der Gründung 1994, zwei Demos und dem Album „La Chasse sauvage“, welches schon auf positive Resonanzen traf, erschien 2005 nun besagte Langrille. Das Cover zeigt eine schemenhaft gezeichnete Landschaft: einen See und ihn umgebende Berge. Darüber mittig das Logo der Künstler und schlicht klein darunter der Titel des Machwerkes. Innerhalb des Beiheftes wechseln sich düstere Landschaftsfotos mit Porträts der einzelnen Herren und Damen ab. Was die Texte angeht, scheint Widar zu beabsichtigen sie nur an seine Landsmänner zu richten, oder an diejenigen die sich mit Französisch jenseits des Schulunterrichts befasst haben, wird doch alles ausschließlich in Muttersprache abgedruckt und vorgetragen.
Wie man sieht, habe ich als Genre „Black Metal“ angegeben. Hört man jedoch die ersten Takte von „Formors“, mag manch einer skeptisch die Augenbraue heben, wird man hier doch mit fröhlichem Flötengedudel und einer rhythmischen Akustikgitarre, begleitet von einer militärisch gespielten Snare begrüßt. Nach gut 35 Sekunden jedoch leitet Widar den Grundtenor der Platte mit einem kraftvollen Krächzen ein und unterstützt mich somit in meiner Entscheidung. AES DANA spielen größtenteils sehr feinen Black Metal im Midtempo Bereich, unterbrochen durch Akustikpassagen und gelegentlich schnellere bzw. langsamere Parts. Allerdings, man ahnt es schon anhand der Besetzung und meiner vorigen Erklärung bezüglich der Stilwahl, belassen es AES DANA nicht beim reinen Schwarzstahl. Man muss ehrlich sein – täten sie dies, würden sie vermutlich nicht weiter aus der Masse an Black Metal Bands (auch nicht französischer Bauart) herausstechen. Sicherlich spielen sie solide, gut klingende, relativ abwechslungsreiche Schwarzkunst, aber das tun auch viele andere, teilweise durchaus besser. Also muss etwas anderes her, um nicht im Sumpf der Irrelevanz zu versinken. So würzen AES DANA ihre Musik mit allerlei mittelalterlich-keltisch anmutenden Zutaten. Diese sind im wesentlichen Flöten, Dudelsäcke und eine Drehleier. Grade Letztgenannte klingt wirklich wunderschön und ihre Spielweise erinnert den Verfasser des Öfteren an Bretonische Folklore, die er auch durchaus privat gerne mal hört. Die Dame, die dieses altertümliche Instrument bedient, „Amorgen“ ist nicht nur sehr hübsch, sondern versteht ihr musikalisches Handwerk definitiv. So kombiniert man auch gerne mal Flötenmelodien mit Dudelsackuntermalung oder legt eine Sackpfeifen-Melodey auf ein Drehleierbett.
Nun darf zurecht die Befürchtung geäußert werden: Das Ganze könnte mächtig nach hinten losgehen. Ich darf aber Entwarnung geben – tut es nicht! Im Gegenteil. Die stilfremden Mittel fügen sich wunderbar in das schwarzheimerische Grundgerüst ein. Im Hintergrund knüppelt der Blastbeat und die Double Bass, Widar krächzt gewohnt Black Metal typisch seine lyrischen Ergüsse, die Gitarren sägen und darüber thront eine wunderbare Flötenmelodie oder ein famoses Drehleier Intermezzo. Sehr ansprechend sind, dies sei noch gesondert angemerkt, auch die kleinen Spielereien zwischen Flöten respektive Dudelsäcken und Gitarrenläufen, wie sie ähnlich bei Kroda’s „Cry to me, River“ zu finden sind. Das ganze wirkt zu keinem Zeitpunkt aufgesetzt oder erzwungen und man hat nie den Eindruck, als hätten sich AES DANA erst nachträglich überlegt, über ihren Black Metal mal ein wenig Keltisches Gedudel zu legen, sondern alles tönt, als wäre diese Musik von vornherein so geplant gewesen. So geht das Konzept der Herren und Damen (nicht nur an mittelalterlichem Instrumentarium sondern auch an Bass und einer Gitarre) hörbar auf und alles fügt sich zu einem homogenen Ganzen zusammen.
So richtig negative Punkte kann ich auch kaum entdecken. Auch die Produktion ist einwandfrei. Bevorzuge ich für gewöhnlich eher die raue Variante, wäre dieser bei solcher Musik völlig fehl am Platze gewesen und somit hat man sich für einen eisklaren Klang entschieden, der alle Instrumente, inklusive der mittelalterlichen, gut in Szene setzt, so dass man jeden einzelnen Akteur gut heraushört, aber immer noch genug Druck besitzt um die Double Bass und den Elektrobass nicht untergehen zu lassen. Sicherlich ist „Formors“ nicht jedermanns Bier, das liegt in der Natur der Sache. Grade Puristen und Anhänger reinen Black Metals werden vermutlich nichts mit diesem Werk anfangen können, völlig verständlich. Für manch einen jedoch mag „Formors“ eine wahre Offenbarung sein, der grade nach solcher Musik vielleicht schon ewig gesucht hat. Wenn ich krampfhaft irgendeine Bemängelung finden sollte, würde ich relativ profan anmerken, dass einem das Gefidel und die „Dudeldei“-Coleur auf „Formors“ auf die Dauer auf die Nerven gehen kann, das ist aber, wie so oft schlicht Geschmackssache. Ob man diese Spielart nun mag oder nicht, AES DANA haben mir mit „Formors“ bewiesen, dass sie, neben BELENOS, für mich definitiv die beste Formation in ihrem Gebiet des „keltisch angehauchten Black Metal“ sind. A bientôt, AES DANA!
(Hendrik Brinkmann)
Wertung: 8.5 / 10