Review Ahnengrab – Schattenseiten

Die eigene Band nur als Hobby oder Nebenerwerb zu betreiben, hat den wunderbaren Vorteil, dass man sich als Künstler keinen kreativen Kompromissen unterwerfen muss, um damit den eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten. Für die Fans geht diese Freiheit jedoch nicht selten auch mit einem kleinen Wermutstropfen einher, denn ohne den finanziellen Druck muss man oft länger auf neue Veröffentlichungen warten. So ist es etwa im Fall der deutschen Pagan-Metaller AHNENGRAB, die nach ihrer 2012er Platte „Omen“ aus persönlichen Gründen kaum Zeit für die Band fanden, weshalb es immerhin sechs Jahre nichts Neues von ihnen zu hören gab. Mit seinem dritten Album „Schattenseiten“ macht das Quintett dem Warten nun endlich ein Ende.

Ausgehend davon, dass AHNENGRAB so lange nichts von sich hören ließen, könnte man vermuten, dass die dahinterstehenden Musiker entweder gereift oder eingerostet sind. Die Wahrheit liegt jedoch, wie so oft, irgendwo dazwischen. Grundsätzlich präsentieren sich die Pagan-Metaller auf ihrem dritten Full-Length-Werk so, wie man es von ihnen erwartet. Ganz dem Credo ihrer Stilrichtung entsprechend belagern AHNENGRAB die Gehörgänge mit bissigen Screams, kraftvollen Riffs und ungestümen Drums. Zeit zum Durchatmen findet man hier nur in den gelegentlichen Akustikpassagen, in denen mitunter fast schon friedliche Töne angeschlagen werden.

Obwohl die Deutschen folglich beinahe durchgehend den Fuß auf dem Gaspedal lassen, kommt hier keine Langeweile auf. Die fetzigen Tracks, die thematisch erfreulich wenig mit stumpfem Party-Pagan-Metal zu tun haben, tun sich durch ihre vielseitigen Arrangements hervor und gehen schnell ins Ohr. An manchen Stellen verbreiten AHNENGRAB mit rockigen Beats und Soli kämpferischen Enthusiasmus („Rad der Zeit“), hin und wieder wird die rohe Energie durch Blasting auf die Spitze getrieben („Des Weltenend‘ Melancholie“) und mit „…When Paths Separate“ bekommst man sogar ein rein akustisches Instrumental zu hören.

Ein wenig enttäuschend ist hingegen der geringe Überraschungsfaktor – wirklich ungewöhnliche Einschübe wie etwa die Streicher vom Vorgängeralbum findet man hier keine vor. Ein weiterer Kritikpunkt, den AHNENGRAB neben der fast schon zu kantigen Produktion nicht ganz von sich weisen können, bezieht sich auf den allzu pathetischen Klargesang, wobei manche Worte sogar bewusst falsch betont werden, um sie in das Korsett der Melodie zu zwängen („Rad der Zeit“). Auch am Songwriting hätten AHNENGRAB vereinzelt noch etwas besser feilen können. Dass das Album von zwei ausgedehnten, rein instrumentalen Nummern abgeschlossen wird, erscheint beispielsweise fragwürdig.

Nun mögen sich am Ende zwar doch einige Schwachstellen angesammelt haben, allerdings fallen diese in der Gesamtbetrachtung nicht allzu schwer ins Gewicht. Die eher schwachen, austauschbaren Filler-Tracks („Phoenicis“) sind eindeutig in der Unterzahl und werden durch die energetischeren Stücke („Herbstbeginn“) problemlos aufgewogen. Zwar haben AHNENGRAB den gerade im Pagan Metal nur schwer vermeidbaren Kitsch immer noch nicht ganz hinter sich gelassen, trotzdem werden die Fans der Band mit „Schattenseiten“ ziemlich gut für ihre Geduld belohnt.

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Wertung: 7 / 10

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