Review Akercocke – Renaissance In Extremis

Ganze zehn Jahre sind ins Land gegangen, seit AKERCOCKE mit ihrer damaligen Platte „Antichrist“ für allerlei Kontroversen in den Reihen streng gläubiger Christen gesorgt hatten – obwohl sich die Briten selbst gar nicht als anti-christlich sehen. Nun endlich folgt mit „Renaissance In Extremis“ das sechste Full-Length der Blackened-Prog-Death-Metaller, das zwar vermutlich nicht die gleichen Furore auslösen wird wie sein Vorgänger, dafür aber umso mehr Begeisterung im extremen Musiksektor. Denn wie es uns schon das vergilbte, obskure Artwork ins Ohr zu flüstern scheint, hat das Quintett erneut ein eindringlich atmosphärisches Album aus dem Hut gezaubert.

Die streng genommen gar nicht so neuen Songs, die es zusammen auf knapp eine Stunde Spielzeit bringen, basieren zwar auf Ideen, die bis zur Zeit von „Antichrist“ zurückgehen, dennoch zeigen sich AKERCOCKE im Jahr 2017 gewissermaßen verjüngt. Wer in all den Jahren auf einen weiteren angeschwärzten Todesblei-Hammerschlag im Stil von „The Goat Of Mendes“ gewartet hat, wird von „Renaissance In Extremis“ bestimmt nicht enttäuscht, aber vermutlich doch überrascht sein. Zwar haben die Briten ihre geradezu unmenschlich tiefen Growls, ihre Nackenbrecher-Riffs und ihre gnadenlos brutalen Double-Bass- und Blast-Beat-Explosionen keineswegs verlernt oder vernachlässigt, doch inzwischen werden sie wesentlich gezielter und portionierter eingesetzt.

Die vermeintliche Lücke füllen AKERCOCKE mit starken Anleihen aus Thrash und Progressive Metal, die zwar schon früher oft herauszuhören waren, sich aber erst jetzt voll entfalten. Das heißt im Klartext: Zu den grobschlächtigen Growls und den absolut diabolischen Screams gesellen sich nun auch öfters derbe Shouts und gespenstische, dekadent wirkende Cleans, die zwar gewöhnungsbedürftig, im Kontext mit den geisterhaften Texten aber richtig stimmig sind. An der instrumentalen Front feuern AKERCOCKE ein abgehacktes Thrash-Riff nach dem anderen ab, immer wieder umspielt von einfallsreichen Leads und Soli.

Für beklemmende Grusel-Atmosphäre sorgen vor allem die zahlreichen mysteriösen, zum Teil sogar recht flinken Clean-Passagen („A Particularly Cold Sept“), die sich wunderbar in die Songstrukturen einfügen. Doch AKERCOCKE machen sich auch allerlei andere Mittel zunutze, um die Geister vor dem inneren Auge tanzen zu lassen – so etwa die eisig-klirrenden Keyboards in „First To Leave The Funeral“, die unheilverkündenden Streicher in „Familiar Ghosts“ sowie subtil eingeflochtene Electro-Sounds, Bläser und Chöre.

Während AKERCOCKE vor einer Dekade noch niederschmetternden Blackened Death Metal mit allenfalls hintergründigen Thrash- und Prog-Verweisen gespielt haben, gewähren sie auf „Renaissance In Extremis“ all ihren Einflüssen gleich viel Raum zur Entfaltung. Das schlägt sich auch in der Produktion nieder, die nun weniger wuchtig, dafür aber dynamischer und schnittiger erscheint. Natürlich machen AKERCOCKE es weder sich selbst noch ihren Hörern leicht, denn der nunmehr höhere technische Anspruch resultiert auch darin, dass die Songs nur selten eingängig sind und sich kaum Anspieltipps herauskristallisieren. Wer sich trotzdem die Mühe macht, sich damit zu beschäftigen, wird allerdings mit einem spannenden, kreativen und stimmungsvollen Spitzenklasse-Album belohnt.

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Wertung: 8.5 / 10

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