Review Alternative 4 – The Obscurants

(Trip Hop / Lounge) Catherine Mountbatten-Windsor, Duchess of Cambridge, ist (wieder) schwanger! Schottland bleibt (bis auf weiteres) Teil des United Kingdom. Mal ehrlich, sind das nicht triftige Gründe zu feiern? Die ganze Welt freut sich mit und so und überhaupt…lassen wir das, von wirklichem Interesse, zumindest für Freunde experimenteller, besonderer Musik, dürfte doch eher das Release des Zweitwerks „The Obscurants“ von ALTERNATIVE 4 sein. Auch wer das 2011er-Debüt „The Brink“ noch nicht kennen sollte, merkt bei dem Bandnamen auf. Klar, aufgrund des gleichnamigen Anathema-Albums ist die Sache schnell offensichtlich, hier hat ein früherer Mitstreiter der britischen Düsterrocker seine Finger im Spiel.

Duncan Patterson war bis 1998 nicht nur Bassist und Gelegenheitskeyboarder, sondern auch wesentlicher Songwriter der Band, bevor er sich für einige Jahre mit Mick Moss zu Antimatter zusammenschloss und nebenbei auch noch sein eigenes Projekt Íon etablierte. Wer auch nur eine dieser Bands kennt, weiß, wofür der Name Patterson steht, nämlich für die angesprochene ungewöhnliche Musik.
Von dieser Marschroute weicht man auch auf „The Obscurants“ keinen Schritt ab. Durchweg akustisch und immer besonders wirken die knapp 50 Minuten auf den Hörer, der, dies sei gleich zu Beginn gesagt, selber gefordert ist. Easy-Listening war für Patterson immer ein Fremdwort und seine neuen Kumpane liegen da ganz offensichtlich mit ihm auf einer Wellenlänge. Denn ein derart homogenes Gesamtwerk kann niemals die Vision eines einzigen sein und sei es eine noch so charismatische Persönlichkeit.
Der Bass spielt wenig überraschend eine zentrale Rolle auf dem Album, um mal etwas mehr auf die Musik zu sprechen zu kommen. Ganz entfernt erinnert die Platte daher an die letzte Antimatter-Kollaboration „Lights Out“, im Spannungsfeld zwischen Trip Hop, Lounge und dezenten Dark-Rock-Anleihen werden die Emotionen jederzeit durch Intensität, nie durch Aggressivität oder gar Tempo geschürt. Mehr als in der Vergangenheit setzt man auf Sounds, die ALTERNATIVE 4 noch mehr vom grauen Mittelmaß abheben. Vocoder auf dem Gesang, Synthesizer und verstörend verzerrte Gitarren erschaffen ein oft schwer zu beschreibendes Gesamtwerk, welches man gehört haben muss, um es zu verstehen.
Wie schon gesagt, dafür muss man selber etwas geben, vor allem nämlich Zeit. Auch wenn die Musik vordergründig sehr relaxt klingt und geradezu zum Nebenbeihören einlädt, verbirgt sich hinter der Fassade das Wesen sehr zerrissener Protagonisten. Die Entdeckungsreise ist lang und vielleicht endet sie auch nie, vielleicht endet sie auch wieder am Anfang, vielleicht ist es auch individuell unterschiedlich. Textlich geht man zwar nicht ganz so esoterisch vor (Themen sind u.a. Vertuschung, persönlicher Betrug und Verschleierung der Wahrheit), dennoch kann man sich in „The Obscurants“ verlieren wie ein meditierender Buddhist in einem Mantra.

Ehrlich gesagt klingt die Platte nicht überraschend. Sie klingt genau so, wie man es sich von ALTERNATIVE 4 erwartet, aber wenn Erwartungen erfüllt werden, muss das ja nicht schlecht sein. In diesem Fall ist es sogar gut, denn wer der Entwicklung Antimatters ab „Lights Out“ nicht mehr so viel abgewinnen konnte, wird mit „The Obscurants“ sicher glücklich. Unter dem Strich ein Album, welches viel Qualität besitzt, diese aber nicht so ohne weiteres preisgibt.

Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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