Am Puls der Szene – Vol. III

Es gibt die großen Labels, die mit ihren prominenten Veröffentlichungen die Szene dominieren und es gibt kleinere Labels wie Ván oder Prophecy, bei denen der Name als Gütesiegel gilt. Doch das Herz der Szene schlägt im Underground, wo sich neue Bands ausprobieren und profilieren, grandios scheitern oder Grandioses schaffen.

In dieser Rubrik fühlen wir „Am Puls der Szene“: Wir widmen uns dem Underground und bringen euch Newcomer und deren Eigenproduktionen näher – gute und mittelmäßige Scheiben, Rohkrepierer und grandiose Veröffentlichungen, die gehört werden müssen.


Harvst - Narbenhain

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Der Narbenhain gedieh im Jahre 2018. Wynthar schuf den Klang, Dornh gab ihm Gestalt. So liest es sich im Booklet von „Narbenhain“, dem Debüt des Frankfurter Black-Metal-Duos HARVST. Dem kann man entnehmen, dass Wynthar sämtliche Instrumente einspielte und den Klargesang beisteuerte, Dornh wiederum für Texte, Gestaltung und Schreigesang verantwortlich zeichnet. Das Ergebnis liegt irgendwo zwischen Nagelfar und Luna Aurora, ohne die lyrische Tiefe der Vorbilder zu erreichen. Allerdings punktet „Narbenhain“ mit toller Atmosphäre und einem abwechslungsreichen Songwriting. Auch das wundeschöne Artwork weiß zu begeistern, sodass man sich gern von HARVST etwas über Themen wie Sein, Werden und Vergehen (Einführungskurs Philosophie?!) berichten lässt. Unterm Strich ein wirklich gutes Album mit deutschen Texten, die leider immer etwas oberflächlich bleiben.

[Christoph Emmrich]


Goldzilla - Goldzilla vs. Robihitler (EP)

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Der Titel der EP legt bereits nahe, dass bei GOLDZILLA nicht der Ernst regiert. Vielmehr präsentiert sich das Trio locker und lässig, singt vom Polzeistaat und Herzschmerz, ohne dabei irgendetwas Neues vom Stapel zu lassen. Daher macht „Goldzilla vs. Robohitler“ immer dann besonders viel Spaß, wenn die Band sich ein wenig ernster gibt. Direkt der Opener „Cops und Zahlen“ etwa ist richtg starker Punk Rock, sauber arrangiert, smart formuliert und so eine satte Breitseite gegen korrupte Polizisten. Leider gelingt es GOLDZILLA aber nicht, dieses Niveau durchgehend zu halten. So wirken „Zucker“ oder auch das recht introvertierte „Polaris“ musikalisch irgendwie unmotiviert, ohne Energie. Textlich allerdings gibt es auf dieser EP praktische keine Ausfälle, die Inhalte sind durchweg sprachlich clever verpackt, sodass auch wiederholte Hördurchgänge Spaß machen. Letztlich werden alle, denen Punk im ursprünglichen (musikalischen) Sinne Spaß macht mit „Goldzilla vs. Robohitler“ ihre Freude haben.

[Christoph Emmrich]


Peripheral Cortex - God Kaiser Hell

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Neun Songs in 34 Minuten klingt fast nach Punk Rock, doch PERIPHERAL CORTEX könnten nicht weiter vom Drei-Akkorde-Geschrammel-Konzept entfernt sein. Denn was die Berliner auf ihrem Debüt abliefern ist irrer Tech Death Metal, garniert mit mathigen und jazzigen sowie avantgardistischen Elementen. Ob „God Kaiser Hell“ einen anspricht oder nur zum Kopfschütteln animiert, wird dem Hörer dabei schon nach dem Genuss des Openers „Deadheadend“ klar. Denn der Track vereint exemplarisch alles, was PERIPHERAL CORTEX ihren Hörern um die Ohren schießen. Fette Grooves, vertracktes Riffing, komplexe Arrangements, diese Truppe muss man hören wollen. Allerdings birgt der (selbstbetitelte) Cacophoic Death Metal des Quartetts jede Menge Potential, sodass sich auch wiederholte Hördurchläufe lohnen, da es stets wieder etwas zu entdecken gibt. So ist „God Kaiser Hell“ sicher alles andere als easy listening, allerdings auch alles andere als gewöhnlich oder gar langweilig – definitiv eine spannende Scheibe.

[Christoph Emmrich]


Garden Of Sinners - The Promethean Act

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Ein stimmungsvolles Intro, gefolgt von knüppelhartem blackened Death Metal, Herz was willst du mehr? Dabei handelt es sich weder um Behemoth oder ihre polnischen Kollegen von Hate, sondern um GARDEN OF SINNERS, einer Band aus Bielefeld. Diese legt mit „The Promethean Act“ ein sehr starkes Debüt vor. Leider stört der sehr blecherne Schlagzeugsound den Genuss etwas, denn was das Quartett musikalisch zu bieten hat, ist ganz großer Sport. Brachiale Riffs öffnen sich zu epischen Passagen, auf brutales Geknüppel folgen massive Grooves. Zudem wartet die Truppe mit häufigen Tempowechseln auf, sodass die Songs immer dynamisch bleiben, sodass dem Hörer ein ums andere Mal Rotting Christ als Referenz in den Sinn kommt. Dabei gibt es neben den Hochgeschwindigkeitspassagen („Invocation“, „Obsidian Mountains“) mit „Sulphur“ auch einen Song, der in doomige Gefilde abdriftet und so die Bandbreite von „The Promethean Act“ noch erweitert. Wer seinen Death Metal gern angeschwärzt genießt und vor Tempovariationen nicht zurückschreckt, ist bei GARDEN OF SINNERS genau richtig, die ein sehr gutes Debüt vorgelegt haben.

[Christoph Emmrich]


Kora Winter - Bitter

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KORA WINTER sind wieder da und veröffentlichen nach den beiden EPS „Blüht“ (2015) und „Welk“ (2017) nun mit „Bitter“ ihr erstes Album. Dieses bringt mit seinen acht Songs rund 38 Minuten Spielzeit auf die Uhr und ist alles andere als einfache Kost. Moderner progressiver Metal trifft auf Alternative Rock, Post-Hardcore kollidiert mit Emo und das alles permanent und gleichzeitig. Klingt anstrengend, ist es auch und doch lohnt es sich Zeit in „Bitter“ zu investieren. Denn KORA WINTER ist es erneut gelungen, unterschiedlichste Stile miteinander zu kombinieren und damit zu überraschen, zu verwirren und auch zu begeistern. Exemplarisch sei hier der Titeltrack hervorgehoben, der die Stärken der Band gebündelt aufzeigt. Doch wo die Instrumentalfraktion durch ihre spannende Arbeit restlos überzeugen kann, werden sich die Geister am Gesang scheiden. Denn diesen nimmt man entweder als perfekt passend oder komplett daneben wahr – einen Mittelweg dürfte es hier nicht geben. Und das ist auch gut so.

[Christoph Emmrich]


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