Review Ancestors – Suspended In Reflections

Sechs Jahre sind seit dem letzten ANCESTORS-Album vergangen. Eine lange Zeit, die auch einige Veränderungen für die inzwischen auf Triogröße geschrumpfte Formation aus Los Angeles mit sich brachte. Hat sich das Warten gelohnt?

„Ich denke, wir sind in den letzten sechs Jahren bessere Songwriter geworden“ erklärt Gitarrist und Sänger Justin Maranga und betont, dass es sich beim aktuellen Album „Suspended in Reflections“ um eine Teamleistung handelt, bei der die einzelnen Musiker-Egos keine Rolle gespielt haben. Und tatsächlich klingen die Songs extrem homogen, ein in sich geschlossenes, atmosphärisches Werk, in dem sich keiner der Beteiligten in den Vordergrund drängen muss. Zurückhaltung heißt die Devise über weite Strecken – bis es zum Ausbruch kommt.

Denn laut sein können die Postrocker schon auch, obwohl die ruhigen Momente deutlich überwiegen. Phasenweise sind die ANCESTORS eine Spur härter als Artgenossen wie Mogwai unterwegs. Etwas metallischer gerade den Gitarrensound betreffend, wovon man sich beispielsweise im recht doomigen Schlusstrack „The Warm Glow“ überzeugen kann. Dass dies auf den ersten Blick oft nicht ersichtlich ist, liegt in erster Linie an den über die gesamte Albumlänge hinweg getragenen, sehr melodischen Vocals von Maranga: durchaus vergleichbar mit Bands wie Khoma, Jesu oder Iroha, aber doch anders, (emotional) weniger kaputt – und somit leider über die gesamte Albumlänge ein wenig eintönig und wenig abwechslungsreich. Auch die sehr saubere Produktion führt dazu, dass gerade die Post-Metal-Passagen etwas geschliffener als bei der Konkurrenz wirken. Weniger Ecken und Kanten.

Daran kann man sich beim Hören der ersten Minuten der Platte schon stören, gerade wenn man „Suspended In Reflections“ ausschließlich im Post-Rock- bzw. Metal-Kontext sieht. Aber die ANCESTORS haben neben den melancholischen, manchmal beinahe pathetischen Gitarren-Soundwänden noch etwas anderes, durchaus Spannendes in petto: jede Menge Ausflüge in den klassischen Progressive Rock der siebziger und achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts in Form von ausufernden Instrumentalpassagen, in denen die drei Musiker sowohl von diversen Synthesizern (man beachte die nach Vangelis klingenden Flächen in „Gone“) als auch von einer Aeolian-Skinner-Kirchenorgel mit fast 2000 Pfeifen unterstützt werden. Sehr schön zu hören im Song „Release“, welcher auch ein paar jazzige Passagen am Start hat. „Into The Fall“ bietet ein ziemlich cooles, proggy Streicherarrangement und all diese Kleinigkeiten machen letztendlich den Unterschied aus und zeugen von den Fähigkeiten und Qualitäten der beteiligten Musiker. Hier lohnt es sich also, genauer hinzuhören.

Was musikalisch auf den ersten Eindruck etwas zu poliert oder vielleicht sogar unspektakulär wirkt, bietet bei genauerer Betrachtung eine bemerkenswerte klangliche Vielfalt und Detailreichtum. Eine äußerst atmosphärische, ineinanderfließende Soundlandschaft, die einlädt, der Fantasie freien Lauf zu lassen und die perfekte Filmmusik für das eigene Kopfkino darstellt. Dass die Post-Metal-Parts nicht unbedingt vor Innovation strotzen, ist schade, allerdings wird man dafür mit den gelungenen, progressiven Elementen entschädigt. Und man muss zugeben, dass „Suspended In Reflections“ in manchen Momenten recht knapp am Kitsch vorbeischrammt. Auch eine Gratwanderung, die gekonnt sein will – aber hier soweit gelungen ist. Freunde des melodischen Post-Metals können problemlos ein Ohr riskieren. Es tut auch garantiert nicht weh.

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Wertung: 7.5 / 10

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