Review And Harmony Dies – Totenamt

Entgegen den zum Teil immer noch für bare Münze genommenen Stereotypen war Metal von Anfang an viel mehr als nur stumpfes Instrumente-Prügeln. Nein, es darf auch gerne mal sanft zugehen, man höre sich nur einmal das Intro des Metallica-Hits „One“ oder Opeths Akustik-Tracks an. Diese und unzählige weitere Beispiele zeigen, dass eine solche musikalische Bipolarität durchaus in einen stimmigen Kontext gesetzt werden kann. Dass das jedoch nicht immer gut geht, liegt auf der Hand, so ist es auch im Fall von „Totenamt“, dem dritten Album der italienischen Avantgarde-Metaller AND HARMONY DIES, das geschlagene neun Jahre auf sich warten ließ.

Avantgarde ist im Fall von AND HARMONY DIES als eine Mischung aus Black Metal, Symphonic Metal und Jazz zu verstehen, um nur mal die hervorstechendsten Einflüsse zu nennen. Die knapp einstündige Platte beginnt wesentlich ungewöhnlicher, als es das triste Schwarz-Weiß-Cover erwarten lassen würde, nämlich mit Vogelgezwitscher und Glocken. Die erste eigentliche Musik stellen kurze, seltsam anmutende Jazz-Einlagen dar, auf einmal kommt es zu einem brutalen Symphonic-Black-Metal-Ausbruch. Doch der Opener „The Day Of The Spring Breeze“ kann auch anders, so finden sich beispielsweise mysteriöse Clean-Gitarren und Keyboards, dann wiederum schamlos von Slayer geklaute Thrash-Riffs und sogar Flöten.
Scheint alles nicht so recht zusammenzupassen, oder? Tut es auch nicht und genau das ist das Problem an der Musik von AND HARMONY DIES. Diese klingt nämlich wie eine wahllose Aneinanderreihung der verschiedensten Musikstile. So finden sich ab dem zweitplatzierten „Sometimes“ immer öfter Electro-Elemente, in „Ultimate Letter“ erzeugen das Horrororchester und die lauten Schreibmaschinengeräusche eine unheimliche Stimmung, während in „Another Ending Fairytale“ östliche Einflüsse ihren Weg in die schizophrenen Kompositionen gefunden haben.
Für sich genommen sind diese Stilelemente überzeugend, stellenweise sogar regelrecht beeindruckend und stimmungsvoll, aber das ständige Hin- und Herspringen macht diese Stimmung innerhalb kürzester Zeit wieder zunichte. Würden AND HARMONY DIES ihre Songs nicht so inkonsistent arrangieren, könnte man sogar mit Freuden darüber hinwegsehen, dass die schrägen Clean-Vocals in ihren Melodien oft nirgendwohin führen, dass die Screams im Vergleich zu den teuflischen Growls etwas dünn klingen und dass die Produktion der einzelnen Instrumente unausgeglichen ist, so hingegen sind das nur weitere Punkte, die das Potential des Albums untergraben.

Es ist wirklich ein Jammer, AND HARMONY DIES könnten so beeindruckende Musik hervorbringen, stattdessen ist „Totenamt“ nur ein skurriles Sammelsurium an Stilelementen, die überhaupt nicht miteinander harmonieren (so gesehen ein passender Bandname). Das Album hat so viel Großartiges zu bieten, ist aber oftmals viel zu irritierend. Wer über diese Verrücktheit hinwegsehen kann, findet vielleicht sogar Gefallen daran, wer aber Wert auf einen konzeptionellen roten Faden legt, wird hiermit nur bittere Enttäuschung erleben.

Wertung: 6 / 10

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