Dass Finnland neben seinen legendären Szene-Vertretern auch einen florierenden Heavy-Metal-Underground bietet, dürfte spätestens seit dem letzten Satan`s-Fall-Album allgemein bekannt sein. Die ebenfalls aus Helsinki stammenden ANGEL SWORD sind sogar noch ein bisschen länger im Geschäft, nämlich seit 2010. Seitdem hat es die Truppe auf zwei EPs und drei Alben gebracht, wobei das neueste erst vor wenigen Tagen in den Handel gekommen ist. „World Fighter“ erschien am 14. Juni über das deutsche Underground-Label Dying Victims Productions und markiert den Studio-Einstand von Drummer Alexander Depraved bei der Truppe.
Abgesehen von ihrem Heimatort haben ANGEL SWORD mit den erwähnten Satan`s Fall allerdings überhaupt nichts gemeinsam – genau genommen sind sie sogar ihre Antithese: Im Gegensatz zu ihren Landsleuten setzen ANGEL SWORD nicht auf technischen und bisweilen gar modernen Sound, sondern spielen ranzigen Heavy Metal der ganz alten Schule. „World Fighter“ lebt von rohem, garagigen Sound, der mit reichlich „unproduzierten“ Drums einhergeht. Das mag zur Zeit in sein, weshalb dieser absichtliche Low-Fi-Sound auch eine wachsende Anhängerschaft hat, aus produtkionstechnischer Sicht besteht hier aber durchaus Luft nach oben.
Passend zum ungeschliffenen Klangbild fällt auch der Gesang von Frontmann Jerry Razors eher kantig aus. Zusammen mit dessen rauem Organ rufen die straighten Heavy-Metal-Riffs von Songs wie „Dangerous Games“ und „Afterburn“ vor allem die Australier Elm Street als Bezugsgröße ins Gedächtnis. Diese Mischung mag nicht jedem gefallen, aber sie hat durchaus ihren Charme. Weil ANGEL SWORD ziemlich starke Riffs schreiben können, sind treibenden Nummern wie „Weekend Warrior“ oder „Powerglove“ trotz (oder gerade wegen?) des kauzigen Gesangs wirklich starke Songs.
Überhaupt ist am Songwriting der Finnen mehr dran, als man bei ersten Hören erwartet: „World Fighter“ ist ein überraschend abwechslungsreiches Album; vor allem mit dem unerwartet ruhigen, atmosphärischen „Church Of Rock“ offenbart die Platte etwa zur Halbzeit ungeahnte Facetten am Sound der Truppe. Gleiches gilt für die Gitarrenarbeit von ANGEL SWORD. Zwar setzt die Truppe anstelle von übermäßig technischen Griffbretteskapaden vornehmlich eher auf nachvollziehbare Melodieläufe, Songs wie die erwähnten „Dangerous Games“ und „Powerglove“ zeigen jedoch, dass auch diese Band technisch einiges auf der Pfanne hat.
ANGEL SWORD biedern sich nicht an den Mainstream an – so viel ist sicher. Anstelle von Hochglanz-Produktion und technischer Finesse setzen die Burschen aus Helsinki auf rohen Probekeller-Charme. Je nachdem, worauf man steht, kann das das Höchste sein, oder eben nicht, ihre Authentizität kann man der Band aber in keinem Fall absprechen. „World Fighter“ richtet sich also vornehmlich an all jene, die keine Lust auf den nächsten Judas-Priest– oder Iron-Maiden-Klon haben, wobei die Platte vor dem Hintergrund vermeintlicher Einfachheit doch unerwartet abwechslungsreich ausfällt. Fans von ehrlichem Heavy Metal sollten ANGEL SWORD unbedingt eine Chance geben.
Wertung: 7 / 10