Review Antigone’s Fate – Zum Horizont…

  • Label: Northern Silence
  • Veröffentlicht: 2019
  • Spielart: Black Metal

Nicht einmal zwei Jahre nach dem Release des beeindruckenden Debütalbums seines Melancholic-Black-Metal-Soloprojekts ANTIGONE‘S FATE legt der deutsche Multi-Instrumentalist Ruun mit „Zum Horizont…“ eine zweite Full-Length-Platte nach. Ein kurzer Rückblick: Kompositorisch und gesangstechnisch war „Insomnia“ beinahe schon als Meisterwerk zu bezeichnen, die Produktion ließ jedoch zu wünschen übrig – ein Mangel, der dem zwischenzeitlich veröffentlichten Debüt von Ruuns Nebenprojekt Halls Of Mourning sogar noch schlimmer zusetzte. Ob sich ANTIGONE‘S FATE auf Album Nummer zwei gegenüber dem Erstlingswerk steigern kann, hängt somit maßgeblich davon ab, ob die Ein-Mann-Band der Tonqualität per se diesmal mehr Aufmerksamkeit zukommen ließ.

Grundsätzlich setzt ANTIGONE’S FATE auf „Zum Horizont…“ genau an dem Punkt an, an dem „Insomnia“ zuletzt aufhörte. Der Opener „Abendstern“ beginnt mit einer beschwingten, nachdenklichen Akustikgitarre, bald setzen schleppende, raue Distortion-Gitarren und Drums ein und schließlich erscheinen auch hochtönige Leadmelodien auf der klanglichen Bildfläche. Schon die besagten Leads zeigen allerdings auf, dass das Album nicht einfach nach demselben Schema wie sein Vorgänger entworfen wurde, sondern in gewisser Weise als eine Weiterentwicklung anzusehen ist. Erhebend, fast schon tröstlich und doch unsagbar schwermütig gleiten die leicht an Post-Metal erinnernden Melodien über die gewichtige Rhythmusbegleitung hinweg und verbinden sich alsbald mit Ruuns charakteristisch kehligem, wehmütigem Gesang.

Im weiteren Verlauf des 53 Minuten langen Albums gibt der Einzelmusiker sogar einige gänzlich neue Nuancen seiner Stimme zum Besten. Neben seinen kernigen Screams und grollenden Growls bekommt man auf „Morgengrauen“ beispielsweise andächtiges Flüstern und zutiefst sehnsuchtsvolle, mühsam hervorgepresste Vocals zu hören. Doch auch das von ANTIGONE‘S FATE genutzte Instrumentarium hat sich erweitert. Die trübsinnigen Keyboards, die vormals nur auf „In endlosen Eiswüsten“ zu hören waren, sind nunmehr in sämtlichen Tracks präsent und im über 21 Minuten langen „Der graue Block“ vermitteln die Clean-Gitarren und etwas, das fast wie ein Xylophon klingt, eine kalte, sterile Einsamkeit, wie sie auch im Titel zum Ausdruck kommt.

Klangliche Neuausrichtungen bergen allerdings stets gewisse Tücken und ANTIGONE‘S FATE konnte leider nicht alle davon umschiffen. So wirken die Verbindungen zwischen den unterschiedlichen Songabschnitten nicht immer ganz flüssig, die Stücke klingen mitunter viel zu abrupt aus und die gläsernen Sounds auf „Der graue Block“ arten zum Ende hin in ein furchtbares Chaos aus. Wesentlich schwerer lastet auf ANTIGONE‘S FATE jedoch die Stagnation in Sachen Produktion. „Zum Horizont…“ klingt leider genauso grob zusammengezimmert wie das Debüt – wenn nicht sogar noch unausgeglichener und klobiger.

Im Grunde genommen hat sich ANTIGONE‘S FATE einige der auf dem Debütalbum zum Vorschein gekommenen Tugenden bewahrt. In den vielseitigen, markanten Vocals, den melodischen Doom-Gitarrenleads, den eleganten Akustikeinschüben und den kühlen Keyboardschauern steckt auch diesmal unglaublich viel Gefühl. Trotz der interessanten, neu eingebundenen Soundelemente reicht „Zum Horizont…“ allerdings nicht an „Insomnia“ heran, was vor allem mit den oftmals zu holprigen Übergängen und Breaks, den eher lustlos arrangierten Drums und dem unverändert grobschlächtigen Klang der Platte zu begründen ist. Somit hat ANTIGONE‘S FATE hier gewissermaßen einen Schritt seitwärts und einen zurück gemacht und damit ein Album geschaffen, das zwar spannend und außergewöhnlich, aber nicht ganz ohne Vorbehalte zu empfehlen ist.

Wertung: 6.5 / 10

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert