Gabriel – den Namen des Erzengels – trägt das neue Album der bereits vor 23 Jahren gegründeten, angeblich zum Kult avancierten, 1993 von der Bildfläche verschwundenen und nun zurückgekehrten US-Thrasher BELIEVER. Wie der Name nahelegt, handelt es sich bei BELIEVER um eine Band aus dem christlichen Lager, das ist nicht sonderlich spektakulär aber trotzdem ungewöhnlich, genauso wie das was man von der Truppe zu hören bekommt.
Schon immer der technischen Richtung verschrieben, liefert auch das neue Album mit dem man bei Metal Blade landen konnte, sehr vertrackten und komplexen Thrash Metal. Auf der einen Seite wird das klassische Genre ausgiebig bedient und nicht nur die Gitarrenriffs sondern die gesamte Produktion hat nen starken 90er Jahre old-school Einschlag ohne dabei die ordentliche Portion Druck zeitgemäßer Produktionen vermissen zu lassen. Gitarrenattacken wie zu Beginn von „A Moment In Prime“ oder bei „The Need For Conflict“ lassen unweigerlich Gedanken an Bands wie Bolt Thrower oder Testament aufkommen und würden die musikalische Einordnung einfach machen. Gleichzeitig wird aber ein derartiges Potpourri an Stilfragmenten in die Musik eingearbeitet, dass Gabriel zu einer heftigen Metalcollage „verkommt“. In dieser wird der klassische Thrash zur verkümmerten Basis degradiert auf den sich ein Kunstgebirge erhebt: Mächtig, düster und schwer zu bezwingen. Es braucht schon einige Durchläufe bis die Scheibe richtig zündet und oft steht man etwas ratlos vor den wilden Riffwänden die von seltsamen Soundschnipseln durchwoben oder von Off-Beat Rhythmen zerstückelt wurden. Wenn man sich aber mit der Scheibe genügend abgemüht hat, folgt die Belohnung umgehend, denn es gibt viel zu entdecken: Interessante Prog- und Electroeinlagen ebenso wie ruhige, erhabene oder einfach nur völlig kranke Passagen.
Ebenso gewöhnungsbedürftig wie die Musik an sich, ist Sänger Kurt Bachmann. Er hat nicht viel Ähnlichkeit mit den sonst im Thrash-Metal zu findenden aggressiven Shouts, sondern ist fast schon im Screamo Bereich angesiedelt, klingt dabei allerdings etwas dünn. Was anfänglich störend auffällt, passt sich mit der Zeit aber ganz gut ins Gesamtbild ein. Die Stimme soll hier nicht im Vordergrund stehen, sondern liefert nur einen weiteren Bestandteil zum komplexen Gesamtbild. Dass dabei dann noch viel mit gesprochenen Passagen oder künstlichen Verfremdungen gearbeitet wird, unterstützt nochmals zusätzlich den Abwechslungsreichtum der Scheibe!
Doch bei aller Freude über eine weitere eigenständige und unberechenbare Band gibt es auch Kritikpunkte an der Platte. So wirken die Keyboardeinsätze besonders am Ende er Scheibe etwas überladen, das Schlagzeug klingt auf der gesamten Aufnahme viel zu dünn und mitreißende Refrains sind leider Mangelware, dabei zeigen die Jungs beim großartigen „Shut Out The Sun“ dass sie durchaus in der Lage sind solche zu zimmern.
Unterm Strich bleibt ein abwechslungsreiches und erfrischend eigenständiges Thrash Metal Album, das auch Freunden progressiver Klänge eine Hörprobe wert sein sollte. Die Neufirmierung scheint mir der richtige Schritt gewesen zu sein, denn einerseits hört man den Herren die Abstinenz nicht an und andererseits hab ich das Gefühl, dass das Potential von BELIEVER noch nicht wirklich ausgereizt ist. Wer auf Alben mit Langzeitwirkung steht und sich gern mit etwas schwerer zugänglicher Kost die Ohren umschmeichelt, der sollte hier ganz klar zuschlagen. Der Vollständigkeit halber seien noch die Gastauftritte von Killswitch Engage oder CYK Mitgliedern aufgeführt, die ohne gesonderte Erwähnung sicher niemandem aufgefallen wären.
Wertung: 8 / 10