Review Benediction – Scriptures

  • Label: Nuclear Blast
  • Veröffentlicht: 2020
  • Spielart: Death Metal

Es gibt Bands, die veröffentlichen verlässlich alle zwei Jahre eine neue Scheibe und gehen anschließend mit dieser auf Tour. Andere Truppen wiederum lassen sich stets etwas mehr Zeit und brauchen drei, vier oder sogar fünf Jahre zwischen den Veröffentlichungen ihrer Longplayer. Und dann gibt es natürlich die ganz großen Ausreißer wie Guns N‘ Roses‘ „Chinese Democracy“ (rund 14 Jahre Wartezeit) oder „Fear Inoculum“ von Tool (13 Jahre des Darbens). In diese Riege reihen sich nun auch BENEDICTION ein, die ihre Fans satte 12 Jahre auf den Nachfolger zu „Killing Music“ warten ließen. Doch nun steht mit „Scriptures“ endlich das neue Album der Birminghamer in den Regalen und verspricht die Fans erneut mit Old School Death Metal zu beglücken.

Dass der Tag „Old School“ hier nicht von der Hand zu weisen ist, verrät neben dem Fakt, dass BENEDICTION schon seit 1989 ihr Unwesen im Underground treiben auch quasi sofort der Sound dieser Platte. Denn „Scriptures“ klingt wie aus der Zeit gefallen. Staubtrocken, knackig und – leider – etwas ohne Punch. Denn schon ab dem ersten Ton beschwört die Band auf ihrem neuen Album die „gute alte Zeit“ herauf, als Death Metal Anfang bis Mitte der 90er das dominierende Genre im Metalzirkus war und BENEDICTION zu den Szenegrößen gehörten.
Dies löst zugleich zwei Reaktionen beim Hörer aus – Freude und auch eine gewisse Verwunderung. Die Freude resultiert aus ein wenig Nostalgie, denn dieser Sound wärmt dem geneigten Death-Metal-Fan sofort das Herz. Zugleich stellt sich aber auch die Frage, warum man „Scriptures“ nicht wenigstens ein bisschen modernen Druck verpasst hat, von dem die Gitarren und vor allem das Schlagzeug massiv profitiert hätten. Selbstverständlich will niemand, dass BENEDICTION sich so elend-glatt produzieren wie Asking Alexandria, Within The Ruins und Konsorten, doch in Maßen hätte ein wenig mehr (moderne) Wucht dem Album durchaus gut zu Gesicht gestanden.
Das gilt auch für den zurückgekehrten Dave Ingram, der den Gesang zu „Scriptures“ beisteuert. Dass der gute Mann eine Legende ist, dürfte unbestritten sein, brüllte er doch schon die ersten fünf BENEDICTION-Alben ein, die allesamt als Klassiker des Death Metal angesehen werden können. Doch damals wie heute (und auch auf der „Honor Valor Pride“ von Bolt Thrower) ist Ingram ein limitierter Sänger. Das ist erstmal nicht schlimm, doch leider geht damit auch die punkige Energie eines Dave Hunt verloren, sodass sich zum etwas kraftlosen Sound noch ein eindimensionaler Gesang hinzugesellt.

Das klingt nun alles nach Totalausfall, doch das ist „Scriptures“ keineswegs. Denn das Riffing der Herren Brookes und Rew ist tight wie eh und je, und auch das Drumming ist stimmig und auf den Punkt eingespielt. Das darf man von einer Band wie BENEDICTION allerdings auch erwarten. Die Songs sind durchgängig richtig starkes Material, sei es „Stormcrow“, das mit dem bandtypischen Groove überzeugt (gleiches gilt für „The Crooked Man“), oder das dreiminütige „Embrace The Kill“, das mit massiver Bolt-Thrower-Schlagseite begeistert.
Zudem gibt es mit „Progenitors Of A New Paradigm“ einen Song, der sich satt in den Gehörgang stampft und auch dort bleibt und mit „In Our Hands, The Scras“ einen recht komplexen Song. Demgegenüber stehen „Scriptures In Scarlet“ und „Rabid Carnality“, die dem Hörer ohne Umschweife eins auf die Zwölf geben und an die Anfänge von BENEDICTION erinnern.

So steht unterm Strich nach zwölfjähriger Wartezeit eine wirklich starke Scheibe, die allerdings noch besser hätte sein können. Denn zweifelsohne ist „Scriptures“ ein Festtag für alle Fans der Band und des Old School Death Metal. Doch ein Überalbum, wie es im Überschwang über die Freude eines neuen BENEDICTION-Albums gefeiert wird, ist „Scriptures“ auch nicht. Das verhindert der nicht zeitgemäße Sound, der dem Genuss leider ein wenig Abbruch tut. Nichtsdestotrotz ist „Scriptures“ eine Platte, der man seine Zeit schenken sollte. Schön, dass BENEDICTION zurück sind!

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Wertung: 8 / 10

Publiziert am von

5 Kommentare zu “Benediction – Scriptures

  1. Kann man wirklich überhöhte Ansprüche an eine Produktion stellen?

    Ich meine, klar, Sound ist IMMER Geschmacksfrage, noch mehr vermutlich als die Musik. Aber indem man darauf eingeht und das eben in mehr als einem „…, auch der Sound ist rundum perfekt“ eröffnet man als Rezensent doch erst die Debatte über das besagte Thema. Dass man dabei pingeliger ist – sein muss – als der Fan, der unbedarfte Hörer, der sich einfach freut, wieder was neues von Benediction zu hören, liegt doch in der Natur der Sache. Und wenn am Ende nicht 5 Punkte für miserablen Sound abgezogen werden, wo es nicht angebacht ist, sehe ich kein Problem darin, wenn ein Kritiker kritisch ist.

    Viel eher finde ich problematisch, dass heute (generell) Reviews viel zu oft reine „Geil. Die Band ist zurück und ich fand die immer gut. Deswegen ist jetzt auch alles gut. Geil“-Texte sind, die am Ende weder eine Meinung transportieren (außer: „Geil, neues Album“, was sich aber der Fan auch ohne Review schon gedacht hat). Da hat ja nun auch niemand was von. Lieber zu kritisch sein, auch mal Kritik an dieser Pingeligkeit in Kauf nehmen … aber die Leute so eben dazu bringen, sich eine Meinung zu bilden, auf diesen bestimmten Punkt zu achten, zu sagen: Ne, jetzt, wo ich dezidiert darauf geachtet habe, finde ich den Sound eben gerade geil, WEIL er nicht „zeitgemäß“ ist. Erst dann hat ein Review doch was bewirkt, und zwar mit Gewinn für den Leser.

  2. Wenn euch der Sound zusagt, dann ist das doch super. Ganz ehrlich, ich hätte es auch lieber, wenn mich der Sound für sich gewinnen würde. Und da mich der Sound störte, habe ich mir die Scheibe auf allen möglichen Wegen angehört. Seien es (gute) Kopfhörer, ein Soundsystem für den PC oder auch eine amtliche Anlage inklusive richtig guter Boxen. Mich hat es nicht überzeugt, wie beispielsweise der Sound den neuen Dehuman Reign: Die klingt auch Old School, aber eben mit einer Portion modernem Druck.

    Abgesehen davon finde ich es doch amüsant, wenn hier kritisiert wird, dass Wert auf den Sound gelegt wird. ;) Denn rein vom Songwriting her gibt es an der Platte – wie geschrieben – nichts zu meckern, unn 8 von 10 ist ja auch bei Leibe keine schlechte Bewertung …

    1. Ich für meinen Teil habe keinesfalls kritisiert, dass Wert auf den Sound gelegt wird. Ich habe kritisiert, dass auf metal1 oft für meine Empfindungen überhöhte Ansprüche an Produktionen gestellt werden.

      Dehuman Reign haben meiner Auffassung nach eine ganze andere musikalische Ausrichtung, die zum einen einen klaren US-Death Metal-Einschlag hat, zum anderen schon eher Richtung Brutal/Technical Death tendiert. Benediction kommen aus einer ganz anderen Tradition. Darkthrone klingen auch nicht zeitgemäß, aber deshalb kann man ihnen nicht nahelegen, sich eine Mayhem-Produktion zuzulegen, nur weil beide Bands grob aus dem Old School Black Metal kommen.

  3. Unabhängig von der Musik muss ich mal etwas loswerden, das mir in letzter Zeit bei vielen Reviews hier aufgefallen ist: Die Kritik an Produktionen empfinde ich mitunter als übertrieben empfindlich.

    Was beispielsweise an dieser Produktion „nicht zeitgemäß“ sein soll, erschließt sich mir nicht. Man kann den Sound mögen oder nicht, aber die Aussage halte ich objektiv für nicht haltbar. Scott Atkins ist jemand, der sein Handwerk mehr als versteht, und ich denke, das hat er zur Genüge bewiesen (nicht nur bei Amon Amarth oder Behemoth, m. E. vor allem bei den absolut großartig in Szene gesetzten Cradle of Filth-Veröffentlichungen der letzten Jahre). Was er hier abgeliefert hat, ist absoluHt zeitgemäß.

    Und da reden wir jetzt noch gar nicht davon, dass eine komplett zurechtgerückte oder direkt programmierte Produktion zu einer Old School Death Metal-Band überhaupt nicht passen würde. Ich denke auch, dass die Band vielleicht auch einfach den Anspruch hat, ihre Instrumente auch zu spielen oder aus ihrer eigenen musikalischen Geschichte heraus möchte, dass ein Schlagzeug noch einigermaßen wie ein Schlagzeug klingt. Das ist auch ein Generationenkonflikt: Metalmusiker über 50 haben da ganz bestimmt ein anderes Empfinden als Dekaden jüngere, die mit Metalcore und komplett digital perfektionierten Performances aufgewachsen sind.

    1. Allgemein ist die Kritik am Sound hier (für mein Dafürhalten) absolut deplaziert und schlichtweg falsch. Möglicherweise hat der Rezensent auch einfach ein beschissenes Soundsystem (sorry für die Wortwahl) oder miese, dienstversagende Kopfhörer.

      Der Sound, gerade die Drums und die Gitarren drücken hier enorm und machen sehr viel Freude, sodass auch einige wenige „Standardriffs“ durchweg Spaß machen.

      Mich würde interessieren, welche Alben Herr Emmrich als produktionstechnisch „zeitgemäß“ erachtet.

      Aus meiner Sicht (das Rad wird zwar bei Scriptures nicht neu erfunden) eines der besten Death Metal Alben des Jahres. Gründe dafür: keine Ausfälle, kein Firlefanz, tonnenweise Groove und … jepp … bomben-Produktion. Oh .. und ich sehe auch Ingram als Highlight. Mir sagt sein Stil zu 100% zu. Das ist natürlich dann auch Geschmackssache.

      Beste Grüße

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert