Review Black Orchid Empire – Tempus Veritas

Moderne, alternative Rock-Musik ist ja leider häufig eine Frechheit und anbiedernder als so mancher Pop-Act. Man nehme nur Bad Wolves oder zuletzt die neue Scheibe von Pop Evil und weiß, wieso so manche Hörer dieser Genre-Bezeichnung skeptisch begegnen. Es gibt sie aber noch, die Ausnahmen, die wirklich spannenden modernen Rock schreiben können, ohne allzu sehr in Richtung Pop abzudriften. Zu dieser Gruppe gehören auch die Briten BLACK ORCHID EMPIRE, die in ihrer Heimat bereits Shows mit Skunk Anansie oder Biffy Clyro für sich verbuchen können. Mit „Tempus Veritas“ erscheint dieser Tage Album Nummer vier des Trios.

Die musikalische Ausrichtung der Herren Visser, Ferguson und Freedom lässt sich schnell festmachen: harte, fast schon an Metalcore erinnernde Riffs treffen auf eingängige Refrains und immer wieder eingestreute poppigere Passagen und Indie-Momente. Bei genauerem Hinhören gesellen sich im Verlauf des Albums aber auch noch Prog, Retro-Rock und eine gewisse an Muse erinnernde Verspieltheit dazu. Klingt nach einem wilden Stilmix? In den besten Momenten nicht, da erschaffen BLACK ORCHID EMPIRE einen sehr eigenständigen Sound, der keine Rücksicht auf Genre-Grenzen nimmt. „Deny The Sun“, „Summit“ oder „Last Ronin“ sind solche Momente. Bei „Deny The Sun“ sind trotz aller rockigen Eingängigkeit progressive Rythmus-Strukturen nicht zu überhören, „Summit“ ist moderner harter Rock in Perfektion und „Last Ronin“ lebt von ruhigen Momenten und einem überlebensgroßen Refrain sowie immer wieder aufblitzenden Tool-Momenten. „Glory To The King“ wiederum ist zeigt, dass die Laut-Leise-Formel in der Rock-Musik noch lange nicht auserzählt sein muss, wenn Dramaturgie und Songwriting stimmen. BLACK ORCHID EMPIRE gelingen damit gleich zwei Dinge sehr gut: Ihr Songwriting hält sehr gut den Spagat zwischen eingängigem Rock und Prog-Elementen und sie scheuen sich auch nicht davor, emotionalen ruhigen Songteilen den nötigen Raum zu geben. Die Stimme von Frontmann Paul Visser ist aber auch wie gemacht für gefühlvolle Songs.

Über die gesamte Laufzeit von „Tempus Veritas“ betrachtet, sind es tatsächlich die härtesten Songs, die irgendwann störend werden. „Weakness“ zum Beispiel möchte unbedingt knüppelharter Djent sein, ist dafür aber schlussendlich einfach nicht zwingend genug und bei „The Raven“ klingen die Riffs nicht nur überproduziert, sondern auch nach einfallslosen Kopien gängiger Metalcore-Riffs. Diese gewollt harten Eskapaden erinnern zu sehr an nervige Five Finger Death Punch und Co., um im Gesamtkontext des Langspielers wirklich überzeugen zu können. Zumal BLACK ORCHID EMPIRE gar nicht darauf angewiesen sind, in jedem zweiten Song die Dicke ihrer Eier mit möglichst wuchtigen Standard-Riffs zu beweisen.

Dennoch bringen BLACK ORCHID EMPIRE mit „Tempus Veritas“ einen Menge frischen Wind in den modernen Rock. Ihr spannender Mix aus treibenden Parts, hymnischen Refrains, Prog-Elementen und einer gewissen Verletzlichkeit macht Spaß und ist sowohl eingängig als auch anspruchsvoll. Davon auf zukünftigen Alben gerne mehr! Einziger Wermutstropfen ist der Hang zu gewollt harten Standard-Riffs, die man so schon dutzende Male gehört hat. Zum Glück aber nichts, was sich nicht beheben ließe.

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Wertung: 8 / 10

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