Review Callejon – Wir sind Angst

„Wir sind Angst, wir sind vergiftet!“ Ca. drei Jahre nach ihrem letzten regulären Studio-Album „Blitzkreuz“ und zwei nach dem kurzen Cover-Ausflug „Man spricht Deutsch“ melden sich die Düsseldorfer CALLEJON mit einer textlich wie auch musikalisch reinrassigen Abrissbirne zurück, über die man sicher in Szenekreisen noch etwas länger reden wird. Auf „Wir sind Angst“ wird System- und Sozialkritik groß geschrieben und der Finger schonungslos in die Wunden einer Welt gelegt, in der wahrlich nicht nur Friede Freude Eierkuchen herrscht.

Wer geglaubt hatte, dass die Jungs nach den letzten Veröffentlichungen nun endgültig im Kommerz angekommen wären (alleine diese Diskussion ist ehrlich gesagt ermüdend), wird mit den 13 neuen Songs eines Besseren belehrt. CALLEJON haben eine Menge Wut im Bauch, die sie auf diesem Album so punktgenau wie noch nie zu kanalisieren wissen. Natürlich ist das nicht mehr dieser wilde, ungestüme Mix aus Melodic Death Metal, Metal-/ Emocore und klassischen NWoBHM-Anleihen wie noch 2008, aber dennoch wird der Härtegrad im Vergleich zu „Blitzkreuz“ wieder deutlich angehoben und stellenweise zumindest auf älteres Material verwiesen. Schon der Titeltrack geht mit klassischem CALLEJON-Riffing sowie flottem Tempo los und kredenzt einen von auf diesem Album zahlreichen Ohrwurm-Refrains. Auch Songs wie „Raketen“ oder „Veni Vidi Vici“ (quasi die bandeigene Hommage) erinnern an ältere Platten und geben rücksichtslos Vollgas. Dazu gesellen sich teils modernere bzw. poppigere Tracks, die es bei der Band schon immer gab („Dunkelherz“, „Neonblut“, „Unter Tage“), teils aber auch harschere Ausflüge („Ich lehne leidenschaftlich ab“, „1000 PS“, „Schreien ist Gold“). Ausfälle gibt es auf „Wir sind Angst“ so gut wie keine – einzig die Ballade „Erst wenn Disneyland brennt“ steht etwas im Schatten vergangener Taten.

Sänger Bastian Sobtzick schreit und brüllt sich förmlich die Lunge aus dem Leib und setzt seine Clean-Stimme merklich dezenter ein – eine Tatsache, die sicherlich auch dem textlichen Konzept zuzuschreiben ist, welches bei CALLEJON stets einen wichtigen Stellenwert eingenommen hat und zusammen mit dem musikalischen und visuellen Konzept betrachtet werden muss. Auf „Wir sind Angst“ wird die Manipulation durch die Medien und Mächtigen angeprangert, ebenso wie das tatenlose Mitansehen der Degenerierung unserer Gesellschaft bzw. unseres Planeten. „Krankheit Mensch, wir haben die Krone nicht verdient“, heißt es bei selbigem Song, welcher mit seiner doomigen/apokalyptischen Stimmung so gesehen der Ausreißer auf dem Album ist. Auch, wenn die eine oder andere Textzeile oder -passage auf der Platte plakativ anmutet („1000 PS“), so regen die Songs sicherlich zum Nachdenken an.

Die Energie und Spielfreude ist den Jungs bei nahezu jedem Song anzuhören und es steht außer Frage, dass ein Großteil dieser live für tobende Massen sorgen wird. CALLEJON schaffen es demnach, mit diesem energetischen Ohrwurm-Festival ihrer Diskographie ein weiteres Highlight hinzuzufügen, welches die vorerst ideale Mischung aus Härte und Melodie darstellt. Oder, um es mit den Worten der Düsseldorfer zu sagen: „Härter als Chuck Norris und deeper als der Undertaker.“

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Wertung: 9 / 10

Publiziert am von Sebastian Ostendarp

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