Review Callisto – Secret Youth

Finnland erwartet man nicht unbedingt, wenn man an atmosphärischen Sludge oder Post-Hardcore denkt, prompt wird man von CALLISTO Lügen gestraft. Seit 15 Jahren ist das Sextett aus Turku schon unterwegs, neben diversen „Kleinveröffentlichungen“ wie EPs oder Singles hat man es in der Zeit auch auf drei Alben gebracht. Nummer vier kommt dieser Tage in Form von „Secret Youth“, zehn Songs und 53 Minuten stellen sich der Analyse.

Ohne Vergleich zum früheren Schaffen der Band ist eine genaue Einordnung natürlich schwierig, trotzdem lassen sich einige fundierte Aussagen treffen: So spielen CALLISTO schon fast überraschend relaxt auf, Härte ist fast völlige Fehlanzeige, stattdessen arbeitet man mit gefälliger Melodik. Das Tempo geht maximal in mittlere Bereiche und ebenso bekommt die cleane Gitarre viel Spielraum. Natürlich wird der Verzerrer nicht selten betätigt, zumal in diesem Bereich der Sound als durchaus gelungen zu bezeichnen ist. „Secret Youth“ klingt transparent, gerade die Sechssaiter tragen ein angenehm erdiges Gewand. Zudem setzt man sehr auf den Bass als federführendes Instrument.
So sind die Songs phasenweise schon recht massiv, auch wenn die Schwere und Härte, die man sich bei Veröffentlichungen in dem Genre vorstellt, hinter den Erwartungen zurückbleiben. Dafür arbeitet man viel mit der Stimme von Fronter Jani, der einige Facetten seines Metiers beherrscht. Passend zur Musik liegen die Stärken vor allem im Klargesang, hier und da wagt er sich aber auch an dezente Growls heran, die einen schönen Kontrapunkt zu den mit sehr viel Hall versehenen Clean-Vocals bilden.
Klingt alles in allem nach einer runden Veröffentlichung und das ist „Secret Youth“ im Prinzip auch. Trotzdem muss Kritik geäußert werden. Das Konzept mit harmlosen Songs, die zwar ab und an etwas progressiv, unter dem Strich aber mit wenigen Ecken und Kanten gestaltet sind, geht nur eine gewisse Zeit auf. Letztlich agieren CALLISTO zu brav und wagen es nicht, auch mal in Bereiche vorzustoßen, die man ihnen nicht so sehr zutrauen würde. So lässt sich die Platte zwar ohne große Anstrengung anhören, aber einen Aha-Effekt sucht man ebenso vergebens wie eine Nummer, die erst nach einigen Durchläufen plötzlich ihre Qualität offenbart.

„Secret Youth“ ist spieltechnisch und songwriterisch eine wirklich ordentliche Scheibe, der es aber am gewissen Etwas fehlt. Dass CALLISTO schon so lange gemeinsam aktiv sind, mag der Sache vielleicht sogar eher geschadet haben. Man verlässt sich wohl zu sehr auf das, was in der Vergangenheit gut funktioniert hat und verliert dabei die Innovation, die Musik lebendig macht, aus dem Blick. Nicht schlecht, aber auch kein Highlight.

Wertung: 6.5 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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