Review Canaan – Images From A Broken Self

  • Label: Eibon
  • Veröffentlicht: 2018
  • Spielart: Electronic

Eines der größten Wunder, die Musikschaffende zu vollbringen imstande sind, ist, einsamen Seelen oder Menschen in ihren dunkelsten Stunden das Gefühl zu geben, verstanden zu werden. Manchmal braucht es dafür den ohrenbetäubenden, verbitterten Aufschrei einer Black-Metal-Platte, in anderen Momenten möchte man sich vielleicht nur kleinlaut unter der Bettdecke verkriechen und im Selbstmitleid baden. Für Letzteres bieten sich CANAAN mit ihrem mittlerweile neunten Album „Images From A Broken Self“ als Weggefährten an – bei dem desolaten Artwork keine große Überraschung. Wenn es nämlich ein Gefühl gibt, das für den experimentell angehauchten Darkwave der Italiener charakteristisch ist, dann die Hilflosigkeit, die uns hier aus tiefroten Augen entgegenblickt.

Wer sich bei der eigenen musikalischen Katharsis von CANAAN begleiten lassen möchte, sollte elektronischen Klängen aufgeschlossen gegenüberstehen, denn von einer herkömmlichen Rock- oder gar Metal-Instrumentierung ist auf „Images From A Broken Self“ bis auf wenige Ausnahmen praktisch keine Spur zu entdecken. Stattdessen lotet das Quintett eine Vielzahl an Möglichkeiten aus, die sich ihm durch das synthetische Instrumentarium bieten. Insbesondere das jeder Hoffnung entbehrende, bescheiden arrangierte Piano („Words On Glass“, „The Dust Of Time“) und die abwechslungsreichen, allerdings niemals zu aufdringlichen Electro-Beats sind die tragenden Standpfeiler des Albums.

Die Welt, in die CANAAN uns damit versetzen, ist kalt, leer und steril, ohne Raum für auch nur das kleinste unbeschwerte Lachen. Zwischen kahlen, weißen Wänden hallt die bedrückende, manchmal etwas ziellose Stimme von Mauro Berchi wider, dessen klarer Gesang zur Veranschaulichung für Metal-affine Hörer wohl am Besten mit jenem von Mikael Stanne (Dark Tranquillity) zu vergleichen ist. Mag es dem an sich nicht ungeübten Sänger bei seiner Performance ein wenig an Nuancen mangeln, so kann man dies im Hinblick auf die Musik selbst nicht ohne Weiteres behaupten.

Von düster-verträumten Clean-Gitarren in Verbindung mit Slow-Motion-Perkussion („Of Sickness And Rejection“) bis hin zu klaustrophobischen Dark-Ambient-Nummern mit einschneidenden Sound-Bruchstücken („I Stand And Stare“) ist hier alles Mögliche dabei. Ein wenig irritierend fällt diesbezüglich auf, dass CANAAN die Kluft zwischen ihren unterschiedlichen Stilmitteln bisweilen durch willkürliche Breaks zu überbrücken suchen, wodurch einige der Songs auf halbem Weg ganz abrupt einen völlig anderen Charakter annehmen.

Mit „Images From A Broken Self“ haben CANAAN ihrer Diskographie nicht unbedingt einen neuen Höhepunkt verpasst. Gesanglich wären etwas mehr Feinheiten wünschenswert gewesen und da die Italiener hin und wieder ohne Vorwarnung mitten im Track eine gänzlich andere Richtung einschlagen, wirken ein paar der Stücke wie entzweigerissen. Hinzu kommt, dass die Platte abgesehen von den genannten Songs kaum mit einprägsamen Highlights aufwartet. Die trostlose Grundstimmung, die CANAAN nun bereits zum neunten Mal vertonen, relativiert den letztgenannten Kritikpunkt jedoch zu großen Teilen. Wer auf musikalischem Wege einen Blick in die eigenen Abgründe werfen will, sollte hier somit doch zugreifen.

Wertung: 7 / 10

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