Review Combichrist – We Love You

  • Label: Out Of Line
  • Veröffentlicht: 2014
  • Spielart: Electronic

Wenn man es mit jemandem zu tun bekommt, der zumindest einen Tag lang Dämon war (2009) und als Hobby angibt, Monster zu erschaffen (2010), sollte man, bei allem glauben an das Gute im Men… -äh Dämonen, vorsichtig sein. Erst recht, wenn er auf einmal behauptet, dass er einen liebt. Ein Bisschen – Kinder, diese Zeilen bitte überlesen – neugierig machen solche Behauptungen aber dann ja doch immer, und so findet natürlich auch das neue COMBICHRIST-Album wieder seinen Weg in den CD-Spieler.

Bereits im Intro wird die böse Vorahnung bestätigt, erklärt ein scheinbar Allmächtiger hier doch seelenruhig, dass er die Menschheit jetzt vernichten wird. Und dass er uns lieb hat. Na immerhin.

Damit befindet man sich auch schon mitten im Opener „We Were Made To Love You“. Der ist zwar relativ ruhig und etwas zerfahren, durch seine aggressive Note jedoch durchaus hörenswert. Vergleichbar geht es weiter – auf Nackenbrecher, wie man sie von früheren Alben her kennt, wartet man unterdessen vergeblich. Das liegt neben dem recht luftigen Arrangement nicht zuletzt am überraschend dünnen Sound, dem es bisweilen einfach an Durchsetzungskraft mangelt.

Erst für das so stumpfe wie schöne „Satans Propaganda“ packt Andy die drückenden Beats wieder aus – greift dabei allerdings mitunter in die falsche Kiste. Und das, obwohl diese in neongelben Lettern mit „DUBSTEP“ beschriftet ist. So richtig will diese Mischung dann leider auch nicht passen. Zwar geht es im Folgenden wieder etwas COMBICHRIST-typischer zu, so richtig zünden jedoch auch diese Nummern nicht. Wo bleiben hier verdammt noch mal die Hits? Wo bleibt, um mit Sven Regener zu sprechen, die gute alte BumBum-Musik?

Sie lassen auf sich warten. Statt dessen überrascht Andy die Hörer erst einmal mit einer waschechten Ballade („The Evil In Me“), einer weiteren lahmen Dubstep-Nummer („Fuck Unicorns“) und einem zugegebenermaßen ziemlich fetzigen Industrial-Punk-Song im Ministry-Stil („Love Is A Razorblade“), bevor mit „From My Cold Dead Hands“ tatsächlich der erste COMBICHRIST-Hit auf „We Love You“ zu hören ist. Stampfende Beats, Trance-Sounds und ein eingängiger Refrain … man kann sich lebhaft vorstellen, wie diese Nummer live mit den zwei Percussionisten einschlagen wird. Womit man mal wieder bei der Frage wäre, warum diese nicht um der Dynamik Willen auch mal auf einem Album mitwirken dürfen?

Mit den Hits war es das dann auch schon wieder. Es folgen: Lückenfüller zwischen Highlights, die man mit der Lupe sucht. Und mit „Retreat Hell Part 2“ eine wirklich unsägliche Singer/Songwriter-Nummer, die schlussendlich minutenlang mit wirrem Gebrabbel ausklingt.

Stilwechsel in allen Ehren, aber sämtliche Trademarks über Bord zu schmeißen, ist nur in seltenen Fällen eine gute Idee. Dahingehend ist „We Love You“ leider nicht die Ausnahme, die die Regel bestätigt. Denn außer seiner beachtlichen Vielseitigkeit hat das Album wenig vorzuweisen: Die Songs wirken oft ziellos, vor allem aber fehlen die Dynamik und der Drive, die man mit COMBICHRIST automatisch verbindet, wenn man sie nur einmal live erleben durfte. Auch wenn die Songs live erfahrungsgemäß einen ganz anderen Charakter aufweisen werden und mitunter sicherlich ordentlich rocken – von den Studioversionen in der hier vorliegenden Zusammenstellung kann man guten Gewissens leider nur abraten.

Wertung: 4 / 10

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