(Jazz / Extreme Metal) Wenn mich jemand nach einem Paradebeispiel für ein Kontrastprogramm fragen würde, so wäre das hier wohl eines: Eben noch rotierte sehr zu meinem Unbehagen die CD der ultratruen Retro-Black Metaller Brocken Moon in meinem CD-Player, und nun… „Ghostwriter’s Joke“ von einer Band namens CONTEMPORARY NOISE SEXTET. Klingt nach Jazz? Ist es auch. Zumindest irgendwie.
Selbst definiert man die eigene Musik als „Jazz music without jazz, film music without a movie, but something splendid instead, noisy music for the chosen ones“… und irgendwo stimmt alles davon genausogut, wie man es verneinen könnte: So sind die Jazzelemente derart offensichtlich, dass ein Nicht-Jazzer wie ich das Album getrost als solchen bezeichnen würde – jedoch auch nicht in einer Art Jazz-typisch, dass ich mir sicher wäre, damit richtig zu liegen. Auch hat das Dargebotene durchaus Filmmusik-Charakter – allein zu welcher Art Film ein derart verschwurbelter Sound aus Bläsern, Streichern und Piano wohl passen sollte, vermag ich nicht zu sagen. Immerhin hat die Band jedoch schon ein komplettes Album mit Musik zu einem Theaterstück veröffentlicht, und auch hier findet sich mit „Kill The Seagull, Now!“ ein Stück, das eigentlich für die Aufführung von Anton Chekhov’s „The Seagull“ unter Regie von Agnieszka Lipiec-Wróblewska im Polnischen Theater Grozów geschrieben wurde.
Selbst das „noisy“ kann man irgendwo (zumindest für Jazz-Verhältnisse) unterschreiben, könnte aber den ein oder anderen an Jazz-affine Noise-Bands wie The Mount Fuji Doomjazz Corporation oder das Kilimanjaro Darkjazz Ensemble erinnern, was des Pudels Kern (und damit den ganzen Pudel) um mindestens eine Pudellänge verfehlen würde. Einzig das „for the chosen ones“ kann ich ohne zu zögern unterschreiben, ist das, was die Polen des CONTEMPORARY NOISE SEXTETs auf ihrem neuen Werk darbieten, doch auf alle Fälle eines: Speziell.
So wird sicherlich nicht jeder, oder, bringen wir es auf den Punkt: Nur ein außergewöhnlicher Musik wirklich aufgeschlossener Hörer „Ghostwriter’s Joke“ zu genießen wissen, sind die Kompositionen bisweilen doch arg sperrig und unnahbar – und fordern dem geneigten Rezipienten so einiges ab: Als Begleitmusik zum gewöhnlichen Alltag eigentlich ungeeignet, sind die mitunter fast zehnminütigen Kompositionen, konzentriert man sich auf nichts Anderes, stellenweise ob ihrer Ausgefallenheit doch auch nur schwer erträglich…
„Ghostwriter’s Joke“ ist das Werk einer Band, die weiß, was sie tut, aber auch, was sie ihren Hörern damit antut – oder sagen wir zumindest: abverlangt. Denn ist das Album auch musikalisch sicher über jeden Zweifel erhaben, so wird es doch nur wenige Fans geben, die mit dem hier Gebotenen vorbehaltlos etwas anzufangen wissen werden. Einen Versuch sollte dennoch wagen, wer mit Jazz und extremer Musik im Allgemeinen etwas anzufangen weiß und auch vor anstrengenden CDs nicht per se zurückschreckt… es könnte sich lohnen. Dass bei einem Album wie diesem auf eine Punktwertung verzichtet wurde, mag mir indes verziehen werden…
Keine Wertung