Review Corvus Corax – Kaltenberg Anno MMVII

Seit 1993 gehören „Die Könige der Spielleute“ zum festen Repertoire des wohl berühmtesten Mittelalterfestes in Deutschland, dem Kaltenberger Ritterturnier, was in seiner Form sogar das größte der Welt ist. Um ihren Fans die beliebten Stücke vom Festspiel ins Wohnzimmer zu bringen, haben CORVUS CORAX sich entschlossen, eine Auswahl ihrer größten Abräumer als remasterte Studioversionen neu auf den Markt zu schmeißen. Das ist wenig Aufwand und schnell verdientes Geld, und irgendwie auch eine ganz schön blöde Idee. Warum zum Henker die Coraxe nicht ein Livealbum in Kaltenberg aufgenommen haben, was ja viel eher die Atmosphäre des Turniers eingefangen hätte, darauf finde ich beim besten Willen keine zufrieden stellende Antwort.

So lässt sich „Kaltenberg Anno MMVII“ nur als eine Art Best-Of Album mit kleinen Extras betrachten. Die Lieder sind nicht neu eingespielt, sondern nur noch einmal durch die Mastering-Waschmaschine gegangen, hören sich jedoch allesamt vernünftig und solide an, wenn man mal von den letzten beiden offiziellen Tracks absieht. „Platerspiel“ und „Saltarello/Ductia/Trotto“ klingen so grässlich trötig, dass ich froh bin, bisher niemals Kaltenberg besucht zu haben. Bei aller Liebe zu so genannter Mittelalter-Musik, das ist wirklich nicht zum Aushalten, was da aus den Pfeifen und Flöten quakt. Nach dem eigentlichen Set gibt’s dann noch die bisher nur als Single veröffentlichte „offizielle Hymne des Kaltenberger Ritterturniers“ namens Hymnus Cantica, und – dem PC-Spieler mag’s bekannt vorkommen – ein Stück, dass die Spielleute dem Gothic 3-Soundtrack beigesteuert haben. Dort war es allerdings in einer bombastisch-orchestralen Version zu hören, mit der „mittelalterlichen“ auf „Kaltenberg Anno MMVII“ werde ich irgendwie nicht warm.

Ein weiteres „Schmankerl“ der Ostdeutschen gibt es in Form eines fünfzehnminütigen Live-Videos, mitgeschnitten bei einem Konzert in Mexico City. Warum man statt einer Kaltenberg-Performance dieses mäßige Bildmaterial dazugab, erschließt sich mir ebenso wenig wie das ganze Konzept der CD. Einzig Teufels ausgesprochen amüsante Ansagen („Ju mast dschamping wiss sse dewill!“) schaffen etwas wie eine Daseinsberechtigung des Videotracks.

Fazit: Wer ein Best-Of von Corvus Corax möchte, bekommt das hier. Da ich selbst mit dem Backkatalog des Kolkraben nicht allzu gut vertraut bin, kann ich leider nicht sagen, ob etwas Wichtiges bei der Songauswahl vernachlässigt wurde. Was jedoch total verfehlt wurde, ist das Ziel, einem das Ritterturnier bzw. die dort statt findenden Konzerte Corvus Corax‘ in die heimischen vier Wände zu transportieren. Denn Studioversionen sind eben keine Liveaufnahmen.

Keine Wertung

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