Wenn man sich einige Videos von CRIMSON VEIL so anschaut, könnte man meinen, die Newcomerinnen hegten den Anspruch, das nächste große Ding im avantgardistischen Metal zu werden. Seien es Ballett-Tanzeinlagen, bis die Füße bluten oder Strandromantik, wie sie zuletzt Madonna 1998 mit ihrem Song „Frozen“ über die Röhrenmonitore schickte. Alles egal – CRIMSON VEIL wollen auf ihrem Debüt „Hex“ große Kunst als ihren Maßstab ansetzen. Erwartet uns hier etwa der nächste große Hammerschlag in Sachen Innovation?
Im Pressetext wird die Band dem Dark-Alternative-Metal zugeordnet. Während man sich das Erstlingswerk von CRIMSON VEIL aber zu Gemüte führt, entsteht eher der Eindruck, es handle sich dabei um eine wilde Mischung aus Kammermusik, kauzigem Crust-Riffing und ein wenig progressivem Psychedelic Rock. Klingt eigenwillig? Ist es auch. Nur leider nicht im allzu positiven Sinne. So viel sei dem Fazit schon einmal vorweggenommen.
Was „Hex“ in der Beurteilung so schwierig macht, ist Folgendes: Jeder einzelne Song hat für sich genommen tolle Momente. Seien es die simplen, aber ausdrucksstarken Gesangsmelodien auf „Ribbon“, der schmissige Vibe eines „Shift“, das angenehme Horror-Flair, das CRIMSON VEIL auf Nummern wie „Joyless“ oder „Illuminate“ präsentieren oder die tollen Streicher-Passagen auf dem zwölfminütigen Albumcloser „Task“. Jedes der neun Stücke auf „Hex“ belegt, dass hier keine unbedarfte Garagen-Band zugange war, sondern gestandene Musikerinnen, die ihr Handwerk verstehen. Das Problem: All diese tollen Versatzstücke von Arrangements versacken durch ungemein zielloses Songwriting. Kontinuität, Spannungsauf- und -abbau, ein Mindestmaß an Einprägsamkeit – bedauerlicherweise sucht man das bei CRIMSON VEIL die meiste Zeit vergebens. Es ist so schade, denn keiner der Songs auf „Hex“ ist von vornherein schlecht. „Illuminate“ als Ganzes beispielsweise geht angenehm ins Ohr und zeigt, dass CRIMSON VEIL durchaus können, wenn sie wollen.
Das Debüt von CRIMSON VEIL macht viel Hoffnung. An sich weiß die Band, was sie will, aber anscheinend noch nicht so recht, wie sie diese Ideen schlüssig umsetzen soll. Das ist umso tragischer, wenn sich beim Hören immer wieder zeigt, wie viel Verständnis für die Sache eigentlich vorhanden ist, denn das eine oder andere Arrangement ist richtig gut gelungen. Einen kontinuierlichen Spannungsbogen vermögen CRIMSON VEIL allerdings über die Dauer ihres gesamten Debüts nicht aufzubauen. „I’ll be the hammer that falls“ – so singt es Frontsängerin Mishkin Fitzgerald. Leider ist die Band damit (noch) nicht in der Lage, den anfangs erwähnten Hammerschlag auszuführen.
Wertung: 5 / 10