Ich glaube ich bin nicht der einzige Mensch da draußen, der Sentenceds „Amok“-Album absolut genial fand und sich wünschte, dass die legendären Finnen noch mehr Alben in dem Stil aufgenommen hätten (und nein, „Down“ – das ich für ziemlich überschätzt halte – kann allein schon wegen dem Gesang nicht an „Amok“ heranreichen). Die Suche nach Bands ähnlichem Kalibers war für mich eine lange, beschwerliche Angelegenheit und viel kam nicht dabei rum. Bis ich urplötzlich auf die „Children of Bodom“-Split-Single von Children Of Bodom stieß, auf der sich ein Track fand, der doch so überhaupt nicht nach den Bodomskinners klang, nämlich „Repent (Whore)“. Kein Wunder, der war auch nicht von den Jungs der Kirmes-Death-Speerspitze, sondern von ihren damaligen Labelkollegen CRYHAVOC, einer der Band, der der Große Erfolg bis heute nicht so vergönnt war…
Anno 1992 als Preprophecy gegründet machten sie einige Namens- und Lineupwechsel durch und kloppten dann im Jahre 1998 ihre erste CD mit dem Titel „Sweetbriers“ heraus und Sentenceds „Amok“ stand da schon eine ganze Weile in den Läden. Dass die Finnen das Vorzeigewerk des Öfteren konsumiert haben, werden sie wohl kaum verleugnen können, denn die Ausrichtung ihrer ersten CD (und ihrer zweiten auch, so viel will ich schon mal verraten) ist dem Material der Landsmänner doch schon ziemlich ähnlich. Obwohl es auch Unterschiede gibt, so isses ja nu nicht…
Die Zutaten sind dabei so außergewöhnlich nicht. Manchmal eher akzentuiertes, manchmal geradezu „hemmungsloses“ Gitarrengeschrammel, dazu leichtfüßige Leadmelodien, relativ flinkes wenn auch nicht so besonders versiertes Drumming (und der massive Beckeneinsatz nervt von Zeit zu Zeit), ein drückender Bass und Kaapro Ikonens rauhe, markige Stimme, die schon ziemlich dicht an das Organ des Kollegen Taneli Jarva bei Songs wie „New Age Messiah“ oder „Dance On The Graves“ heran kommt (auch wenn er nicht ganz so tief kommt).
Aber einen recht distinktiven Unterschied gibt es schon zwischen CRYHAVOC und den großen Vorbildern. Wo Sentenced ihre Death Metal Wurzeln noch relativ offen zu Tage trugen und auf „Amok“ hin und wieder noch richtig vom Leder zogen, da scheinen CRYHAVOC wesentlich gemäßigter, dafür aber rockiger zu Werke zu gehen. Und die Rechnung geht größtenteils verdammt gut auf, die Songs sind schön eingängig, können in den meisten Fällen mit netten Refrains, coolen Lead-Parts und Soli punkten und bieten auch die eine oder andere schnieke Gesangslinie und ein paar sehr nette Momente, in denen Kaapro so richtig aus sich raus geht und einfach nur noch ins Mikro brüllt. Schöne sache.
Weniger schön sind dann aber zweierlei Dinge, zum Einen passt die lyrische Ausrichtung manchmal so absolut gar nicht zur Musik. Normalerweise geht’s bei CRYHAVOC um persönliche Probleme, zwischenmenschliche Beziehungen und – passend zum pornösen Cover – auch mal um Sex, aber hin und wieder schießen die Finnen gerne mal ein wenig quer. Vor allem bei „Pagan Uprise“ (das da dummerweise rein musikalisch auch noch der absolut beste Song des Albums ist) kloppen die Finnen einen Text zusammen, den ich einer eher folkloristischen Band zugetraut hätte und keiner Kapelle, die sich irgendwo in der Schnittmenge zwischen Hardrock, Gothic, Heavy- und Death Metal herumtreibt. Es hinterlässt einfach einen halbgaren Beigeschmack, wenn Kaapro zu feinstem „Amok“-Riffing „I’m a pagan, I’m a godless heathen“ grummelt. Bei „Wolfdance“ findet sich das Phänomen noch mal in kleinerem Umfang. Man sollte das jetzt aber auch nicht überbewerten, ich persönlich finde es ein wenig störend, aber man kann die Texte eigentlich auch ganz gut ausblenden und sich an der Musik erfreuen.
Weit weniger wegdiskutieren lässt sich die Tatsache, dass „Sweetbriers“ zwar ein sehr vergnügliches… äh… Vergnügen ist, aber auch ein verdammt kurzes. Gerade mal 33 Minuten dauern die acht Tracks und eigentlich sind sie alle sehr nett, aber man hätte hinterher doch gern noch mehr und der Druck auf die „Repeat All“-Taste ist da eine recht unpraktische Möglichkeit, da jeder Song auf dem Album schon seinen eigenen Charakter hat und sich ziemlich vom restlichen Material absetzt und sich deswegen Abnutzungserscheinungen einstellen können. Nennen wir das Kind doch beim Namen: „Sweetbriers“ hätte länger werden müssen. Wenn die CD das gewesen wäre, woah, dann wäre das wohl der Himmel für Freunde von Sentenceds „Amok“… Ist es so wohl auch, aber eben doch ein kleineres Stück vom Himmel.
Wertung: 8 / 10