Review Derek Sherinian – Molecular Heinosity

Drei Jahre sind seit DEREK SHERINIANs letztem, halbgaren Solowerk „Blood Of The Snake“ vergangen, das auf vielen verschiedenen Hochzeiten tanzte und dem somit der stilistische rote Faden fehlte. Es war ein reinster Instrumental-Showoff ohne Songwriting, Tiefe und Seele.

Und auch auf seinem neuesten Longplayer „Molecular Heinosity“ gibt sich der ehemalige Dream Theater-Keyboarder äußerst hochnäsig und eingebildet: „Ich betreibe einen gewaltigen Aufwand beim Schreiben und Arrangieren meiner Musik, und nur die weltbesten Musiker verdienen es, sie zum Leben zu erwecken“. Vor solchen Sätzen wimmelt es nur so im Promotext.

Die weltbesten Musiker, das sind auch auf „Molecular Heinosity“ einmal mehr Sherinians Busenkumpel Zakk Wylde an der Gitarre und hinter dem Mikro (es gibt allerdings nur auf dem abschließenden „So Far Gone“ Gesang), sowie Schlagzeuger Virgil Donati (Steve Vai) und Tony Franklin (Jimmy Page, Blue Murder). Da Schlagzeuger Simon Phillips (Toto) diesmal verhindert war, hat Sherinian auf Brain Tichy (Foreigner, Ozzy Osbourne) zurückgegriffen. Laut Sherinian hatte dies auch Folgen für den Gesamtsound der Platte: Sie bietet weniger Fusion und Jazz und dafür mehr Prog und Metal.

Um es schoneinmal vorwegzunehmen: Das war der beste Entschluss, den der flinke Tastenheld je gefasst hat. Zwar sind diesmal nur freche 39 Minuten auf den Silberling gepresst worden, doch dafür stimmt der Inhalt. Das ist zwar immer noch hauptsächlich Musik für Musiker und für Leute, die es instrumental, rasant und bisweilen schräg mögen, aber es ist, was es ist: Richtig gut gemachter Progmetal jenseits der ausgetretenen Dream Theater-Pfade. Jedenfalls hauptsächlich.

Bereits im verhältnismäßig melodischen und gemäßigten Opener „Antarctica“ regnet es Noten an allen Ecken und Enden und das soll – abgesehen von kurzen Ruhepausen – auch bis zum Ende so bleiben. Die Instrumentalleistungen sind beachtlich, die Atmosphäre packend und tiefgehend und die innere Verbundenheit der Stücke bemerkenswert. Es gibt Rückbezüge und gut gemachte fließende Übergänge. Trotz der komplexen Strukturen ist richtiges Songwriting erkennbar und einige der vertrackten Riffs und Keyboard-Leads entwickeln Ohrwurmpotential. Ein riesiger Schritt in die richtige Richtung, insbesondere im Vergleich zum Vorgänger!

Stilistische Vergleiche lassen sich ohne Ende ziehen, sind allerdings immer nur wenige Sekunden gültig. Am ehesten erinnert mich das Material des Albums an das zweite Explorer’s Club-Werk „Raising The Mammoth“, allerdings mit mehr Kohärenz. Keyboardsounds und Harmoniefolgen klingen manchmal doch deutlich nach diesem in Szenekreisen bekannten Allstar-Projekt. Ansonsten hört man Anklänge von Meshuggah, Tool und ab und zu Dream Theater.

Detailliert auf einzelne Songs einzugehen, ist quasi unmöglich, dafür passiert zu viel auf einmal und die Beschreibungen würden den Kern des Sounds sowieso nicht treffen. Fest steht jedoch, dass das Album ohne das alles entspannende Endstück „So Far Gone“ noch besser funktioniert. Zakk Wylde singt hier einmal mehr wie Ozzy Osbourne, aber auf einem Derek Sherinian-Album ist Gesang einfach überflüssig. Da braucht es auch keinen Alibi-Track am Plattenende.

Wer einmal kurz reinhören möchte (was sich ja eigentlich bei dieser Art von Musik verbietet), wähle den Opener „Antarctica“, allerdings bitte die kompletten 5 ½ Minuten. Das Stück vermittelt einen sehr guten Überblick über „Molecular Heinosity“.

Fazit: Unerwartet starkes Werk des umtriebigen Keyboarders, leider etwas kurz.

Wertung: 8 / 10

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