Oft hat es den Anschein, als seien Musiker, deren Repertoire Genregrenzen überschreitet, grundsätzlich kreativer als Bands wie AC/DC oder Amon Amarth, die auf jedem Album mehr oder weniger denselben Stil beibehalten. Dieser Einschätzung zufolge müssten DISMAL das künstlerische Nonplusultra sein: Auf ihrem fünften Album „Quinta Essentia“ vereinen die Italiener Einflüsse aus klassischer und symphonischer Musik, Folk, Ambient und Metal. Auch das imposante, wenn auch arg kitschige Artwork, das wie für einen großen Hollywood-Blockbuster gemacht aussieht, indiziert eine aufwendige, qualitativ hochwertige Platte. Ein gutes Album lebt jedoch nicht allein von stilistischer Vielfalt und einem schicken Coverbild, was DISMAL hier auf leider recht unerfreuliche Weise demonstrieren.
Dabei hätten DISMAL durchaus das nötige Rüstzeug, um ein famoses Werk zu erschaffen. Dass die vier Musiker sich nicht von den gängigen Strukturen einer einzigen Musikrichtung einengen lassen, resultiert auf „Quinta Essentia“ in ein paar ziemlich interessanten Verzweigungen. Vor allem die oft fidel jauchzenden Streicher sind sehr schön anzuhören („Gold Leviathan Part I, II“), das zarte Akustikgitarrenintro von „Alma Mater (Alchimia Della Natura)“ sowie das verspielte Gitarrensolo am Ende von „Pale Blue Dot“ wissen ebenso zu gefallen und auch die eleganten Pianoarrangements gehören zu den stärkeren Merkmalen der Lieder.
Die mitunter fast schon planlos erscheinende Art und Weise, auf die DISMAL diese und andere Klänge miteinander verbinden, fällt jedoch ebenso negativ auf wie manche der zum Einsatz kommenden Stilmittel per se. Rossana Landis oftmals schriller, schrullig zeternder und von ihrem allzu starken Akzent beeinträchtigter Gesang („Beyond The Matter“) lässt keinerlei zündende Melodieführung erkennen und gegen die stumpfen Gitarren und Schlagzeugrhythmen, die den Songs zugrunde liegen, wirkt selbst der stupideste Nu Metal wie der letzte Schrei aus der Prog-Szene.
Dass DISMAL ihre ohnehin schon bombastischen Tracks immerzu mit schwülstigen Keyboards aufplustern, tut den Stücken ebenso wenig gut wie die teilweise gar nicht enden wollenden Sprach-Samples zu philosophischen Theorien wie Ludwig Wittgensteins Sprachspielen („Turin Black Light Act I, II, III“), die leider bei weitem nicht so brillant wirken, wie es die Band wohl gerne hätte. Da ist es nur ein schwacher Trost, dass DISMAL ihre Instrumente im Grunde fehlerfrei spielen und die Produktion an sich ausgewogen und wohlklingend ist.
So gerne man DISMAL bei der Verwirklichung ihrer hohen Ambitionen auch reüssieren sehen würde, am Ende ist „Quinta Essentia“ einfach nur kitschig, überladen und prätentiös. Während einige Aspekte der Platte wie etwa die endlosen Ausschweifungen über vermeintlich tiefsinnige Überlegungen oder die aufdringlichen Keyboards schon für sich allein eher nervtötend als erhellend sind, krankt das Album letztlich in erster Linie an den verkorksten Kompositionen. Diese sind deutlich zu wirr, um ernstgenommen zu werden, zugleich aber nicht irrwitzig genug, um die dadaistische Genialität von Bands wie Igorrr oder Pryapisme zu erreichen. Manchmal ist Beständigkeit künstlerischem Wagemut eben doch vorzuziehen.
Wertung: 3 / 10
quinta essentia ist ein Konzeptalbum, jeder Song hat eine andere Struktur und drückt präzise Atmosphären aus. Jedes Album stellt ein Konzept dar. Es ist schwierig, eine düstere Popstruktur zu finden. Die Komplexität sollte nicht erschrecken, es ist klar, dass diese Musik nicht für diejenigen ist, die den Rezensenten gemacht haben.