Review Dyscarnate – With All Their Might

  • Label: Unique Leader
  • Veröffentlicht: 2017
  • Spielart: Death Metal

DYSCARNATE – die englische Antwort auf Dying Fetus? Nun, zumindest mussten sich die UK-Deather, die seit 2004 bestehen und bislang zwei Alben veröffentlicht haben, den Vergleich mit den Brutal-Death-Metallern schon mehrfach gefallen lassen beziehungsweise werden vom einen oder anderen enthusiastischen Hörer gar als neue Dying Fetus gehandelt. Mit einer derart renommierten und innerhalb ihres Genres hohes Ansehen genießenden Band verglichen zu werden, ist jedoch nicht die schlechteste Voraussetzung und anhand ihres dritten Albums „With All Their Might“ stellen DYSCARNATE immerhin fünf Jahre nach „So It Came To Pass“ ihr Können erneut zur Schau.

Der geneigte Death-Metal-Hörer, der den Vorab-Song „Iron Strengthens Iron“ gehört hat, dürfte rasch zufriedengestellt gewesen sein. Der Track präsentiert sich nicht nur als energetische und doch eingängige Nummer, sondern verdeutlicht auch, wohin die musikalische Reise DYSCARNATEs auch auf ihrem Drittwerk geht: Mit Kompositionen, die durchaus technisch anspruchsvoller wirken als der ehrenwerte, im Vergleich aber doch eher schlicht ausfallende Old-School-Death von Bands wie Cannibal Corpse oder Six Feet Under, jedoch nicht die technische Raffinesse etwa der bereits genannten Vorbilder Dying Fetus erzielen, dafür jedoch zugänglicher daherkommen. Somit erwischen die Briten eine im Grunde interessante Schnittstelle zwischen Tradition und Eingängigkeit auf der einen und technischer Versiertheit auf der anderen Seite.

Hieraus hätte man nun einiges machen können, das Album offenbart innerhalb seiner 39 Minuten jedoch das ernüchternde Ergebnis, dass „Iron Strengthens Iron“ eine der wenigen Nummern ist, die für sich genommen eine wirklich mitreißende Wirkung entfaltet – und somit als erste Single durchaus geschickt gewählt ist. Woran liegt’s? Am Können der Musiker jedenfalls nicht, denn die drei Engländer beherrschen ihr Genre grundsätzlich in der Tat. Wirklich herausragende Songs zu schreiben, das gelingt ihnen jedoch nur vereinzelt. Sicher, hie und da ertönt ein mitreißendes Riff, etwa zu Beginn des Openers „Of Mice And Mountains“, und auch die gutturalen Vocals (deren Verteilung auf sowohl Gitarrist als auch Bassist nebenbei eine wenig subtile Parallele zu den sterbenden Föten darstellt) sitzen, obgleich sie auch keine Begeisterungsstürme auslösen. Insgesamt bietet „With All Their Might“ jedoch zu wenige wirklich besondere Momente und zu wenig Spannung innerhalb der einzelnen Songs, die somit trotz der meist überschaubaren Länge schnell uninteressant wirken. Auch potenziell abwechslungsreiche Elemente wie die vergleichsweise ruhigen, langsamen Parts in „Traitors In The Palace“, die nahezu schon Black-Metal-Atmosphäre vermitteln und wohl eine düstere Stimmung erzeugen sollen, hat man schon dergestalt vernommen – nur besser umgesetzt.

Damit bleiben am Ende Zweifel, ob DYSCARNATE hier wirklich mit all ihrer Macht zu Werke gegangen sind, denn man traut den Briten durchaus mehr Potenzial im Songwriting zu. Dieses hört man „With All Their Might“ in der Theorie an allen Ecken und Enden an, sodass es umso mehr schade ist, dass es nicht zu mehr Qualität in der Praxis gereicht hat. Um den Vergleich mit Dying Fetus schließlich zu einem Abschluss zu bringen, ist zu sagen, dass die US-Brutal-Deather die deutlich bessere Wahl sind und der Vergleich nur insofern sinnig ist, als DYSCARNATE gegenwärtig leider wie kaum mehr als eine abgeschwächte Version davon klingen. Was nicht ist, kann noch werden und man ist geneigt, den Briten einen qualitativen Aufschwung in der Zukunft zuzutrauen, doch anhand von „With All Their Might“ lassen sie bestenfalls das eine oder andere Mal an Dying Fetus denken, können jedoch noch nicht als mit ihnen auf Augenhöhe betrachtet werden. Gerade wenn man sich deren bärenstarkes aktuelles Album „Wrong One To Fuck With“ erneut vor Augen beziehungsweise Ohren führt wird deutlich, dass da schlicht und ergreifend noch Welten dazwischen liegen.

Wertung: 5.5 / 10

Publiziert am von Pascal Weber

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