Review Earth – Primitive And Deadly

(Drone / Rock / Doom) Dylan Carlson scheint zurzeit in einer produktiven und gleichermaßen höchst motivierten Phase zu sein, mit „Primitive And Deadly“ erschien jüngst zumindest schon die dritte Full-Length-Veröffentlichung binnen kürzester Zeit. Wirkte das Vorgänger-Doppel „Angels Of Darkness, Demons Of Light“ I und II im Nachhinein etwas zu improvisiert und ziellos, so darf sich der Hörer nun auf ein Album gefasst machen, welches einerseits gekonnt zwischen gewohnt sphärischen Klangtexturen und dröhnenden Riffstrukturen pendelt, andererseits aber auch die ein oder andere Überraschung bereit hält.

Um die Sensation gleich vorweg zu nehmen: ganze drei von fünf Stücken auf „Primitive And Deadly“ wurden mit Gesang versehen. Wer sich mit der Discografie Earth’s schon einmal genauer beschäftigt hat, wird verstehen, warum hier tatsächlich von einer kleinen Sensation gesprochen werden kann. Wo früher auf rein instrumentaler Basis weitläufige, sich ausdehnende und menschenleere Klanglandschaften erschaffen wurden, gesellen sich nun durch die zusätzliche gesangliche Komponente vereinzelte Kommentatoren und Dozenten hinzu. Die Szenerie ist nicht länger menschenleer, auch die Langatmigkeit der „Angels Of Darkness, Demons Of Light“- Sessions gehört im Moment der Vergangenheit an. Endlich lässt Dylan Carlson die fetten Gitarrenriffs von der Leine, endlich wird wieder ein gesundes Maß an stoischer Langsamkeit und abwechslungsreichem Gitarrengewebe gefunden und mit entspannt hypnotischer Zeitlupen-Trägheit verbunden. Um es auf den Punkt zu bringen: EARTH gelingt es, die Höhepunkte ihres bisherigen Schaffens zu integrieren und „Primitive And Deadly“ somit zu ihrem bisher vielschichtigsten Werk werden zu lassen.

Die stimmlichen Qualitäten Mark Lanegans (zu hören in „There Is A Serpent Coming“ und „Rooks Across The Gate“) und Rabia Shaheen Qazis ( „From The Zodiacal Light“) tun da ihr übriges: während Lanegan mit bluesigem Gesangsstil zu begeistern weiß, punktet die Kollegin mit angenehm warmen Gesang. Die Songs mit Gesang reihen sich glücklicherweise perfekt in die restlichen (gesangsfreien) Stücke ein. Gesang an sich ist grundsätzlich etwas, mit dem EARTH sparsam umgehen, denn das letzte mal Verwendung auf einer Full-Length fand er meines Wissens 1996 auf „Pentastar: In The Style Of Demons“.

Die Drone-Urväter melden sich mit „Primitive And Deadly“ eindrucksvoller denn je zurück und vollbringen das Kunststück, einerseits völlig einzigartig und unverkennbar zu klingen und ihren Drone auf der anderen Seite so sehr nach purem Rock klingen zu lassen wie noch nie. Nischen-Musik für Genießer, oder um es erneut und endgültig auf den Punkt zu bringen: ganz großes Kino!

Wertung: 9.5 / 10

Publiziert am von Michael Ay

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