Review Eluveitie – Slania

Es gibt leider viel zu viele Gruppen im europäischen Pagan Metal, die aus jugendlichem Leichtsinn auf den rasenden Zug aufspringen, mit halbgaren Scheiben um sich schmeißen und dabei noch erschreckend viel Erfolg haben. Und es gibt ELUVEITIE.

Die Vorzeigegallier aus Helvetia schlugen schon mit ihrem 2006er Werk „Spirit“ so hohe Wellen, dass das große Label Donzdorf auf die zahlreichen Eidgenossen aufmerksam wurde und sie unter Vertrag nahm. Was aus hochauthentischem folkigen Metal mit einem solch finanzstarken Unternehmen im Rücken wohl wird? Wenngleich ich mich selbst nicht zu den großen Kennern des Vorgängers zähle, so bleibt doch von Anfang an festzustellen: ELUVEITIE klingen im Jahre 2008 so eigen, so kernig, so kraftvoll und voller Herz, wie man nur klingen kann.

„Slania“, so der Name des jüngsten Albums, ist ein Mädchenname, der in einer uralten gallischen Inschrift um die Zeitenwende auftauchte. Die Stories innerhalb des Albums sind vielseitig, der Kern ist jedoch klar: Einmal mehr gehen die Damen und Herren rund um Frontmann Chrigel den keltischen Wurzeln ihrer Heimat, der Schweiz, auf den Grund. Ob dies nun der schwärmerische Rückblick eines Druiden auf seine Ausbildungszeit („Inis Mona“) oder die Reflexion eines Helvetierkriegers über den Krieg gegen Rom („Bloodstained Ground“) ist, oder ob man in verschiedenen Songs dem keltischen Jahresrhythmus folgt – ELUVEITIE wissen durchaus, wie man Geschichten erzählt. Diese sind im Booklet allesamt noch näher erläutert, was angesichts der Tatsache, dass einige Texte in einer rekonstruierten gallischen Sprache verfasst sind, ausgesprochen lobenswert ist. Vor allem der Quasi-Titelsong „Slanias Song“ ist komplett in dieser alten Zunge gedichtet, Schuld daran ist der Keltologe David Stifter, der an der Uni Wien doziert. Da lacht das Philologenherz!

Doch bei aller Liebe zum Text, vor Allem zählt doch das, was die Ohren erreicht. Und so reist der Hörer von „Slania“ durch verschiedene Klangwelten, die sich irgendwo zwischen Göteborg-Sound und keltischer Folklore bewegt. Dabei folgt die Musik mit erstaunlicher Konsequenz dem lyrischen Konstrukt, so dass die bereits angesprochenen Titel bei kriegerischer Thematik ziemlich kraftvoll, bei sehnsuchtsvollen Inhalten entsprechend verträumt erklingen. Der besondere Kick von ELUVEITIE ist auch hier folgender: Während andere Pagan Metal-Bands ihre Lieder in der Elektronik ersäufen und die Songs zu kitschigen Dudel- und Saufnummern verkommen (von denen natürlich die ein oder andere auch ihre Daseinsberechtigung hat), wird man ein Keyboard auf „Slania“ nicht hören. Ein Blick auf die Besetzungsliste offenbart den Reichtum des Instrumentariums der Schweizer, die dieses ebenso eindrucksvoll auf der Bühne durchziehen.

Klar wird durch Eluveitie kein Hasser der Pagan-Welle bekehrt werden, denn trotz alledem „dudelt“ Slania gerade durch den Einsatz von Flöten und Fideln gewaltig. Sicherlich werden auch beinharte Kelten-Reenactors die Verbindung von gallischen mit inselkeltischen Traditionen tadeln – die Instrumente stammen zum Großteil aus dem irischen Kreis, weswegen man schnell das Herkunftsland der Band fehldeuten könnte. Doch wer wissenschaftlichen Anspruch an eine Metalband anlegt, ist selbst Schuld.

„Slania“ ist ein ergreifendes Stück Musik mit zauberhaften Melodien und packenden Rhythmen. Einzig das Ende der CD verpasst neue Akzente zu setzen und wiederholt zu viel bereits gehörte Muster. So fällt der Spannungsbogen nach „Slanias Song“ ein wenig ab und Müdigkeitserscheinungen können auftreten. Fans der Gruppe sollten mit dieser Scheibe zweifellos glücklich werden und auch allen weiteren Freunden des Heidenmetalls, die wie ich schon viel zu lange an dieser Gruppe vorbeigerutscht sind, sollen gern ein Ohr riskieren.

Wertung: 8.5 / 10

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