Review Endlos – Im Fallen verlaufen

  • Label: Narbentage
  • Veröffentlicht: 2016
  • Spielart: Black Metal

Black Metal ist mitunter eines der abgründigsten Genres, die der Metal und Musik im Allgemeinen je hervorgebracht haben. Die meisten hören diesen Stil jedoch vermutlich wegen musikalischer Vorlieben oder aufgrund einer seltsamen Faszination, ähnlich der, die man empfindet, wenn man sich einen besonders unheimlichen Horrorfilm ansieht. Kirchen anzündende, Tiere opfernde Satanisten, die das schwarze Genre aus Glaubensgründen hören, dürften hingegen (glücklicherweise) eine Seltenheit sein. Manche Bands durchbrechen in ihren Texten jedoch diese Distanz, sodass man einen persönlichen Bezug dazu herstellt. ENDLOS ist eine solche Band.

Für die Musik des deutschen Black-Metal-Duos scheinen vor allem Fäulnis Pate gestanden haben – das sollte bereits einiges über ihr Debüt „Im Fallen verlaufen“ verraten. Musikalisch handelt es sich um eine Mischung aus Black und Doom Metal sowie einer Prise Punk Rock, die Texte triefen ekelhaft vor Verbitterung, Selbsthass und -betrug. Ob ENDLOS an die genannte Ausnahmeband herankommen, ist eine nur subjektiv beantwortbare Frage, unabhängig davon muss aber gesagt werden, dass ihre Musik im eigentlichen Sinne bemerkenswert ist. Besonders die Vocals sind unfassbar ausdrucksstark, sie gehen von gramerfüllten Spoken-Word-Passagen wie zu Beginn des Openers „Frontbericht“ über Slayer-artige Shouts („Spiegelbild“) bis hin zu unsagbar diabolischen Screams und Growls („Tragendes Meer“) sowie Geschrei im Stile des Depressive Suicidal Black Metal.

Dies macht die Musik von ENDLOS nicht einfach nur abwechslungsreicher als die vergleichbarer Truppen, sondern verleiht ihr eine geradezu verstörende Authentizität und Intensität. Man höre sich nur an, wie die doch sehr menschlichen Shouts in „Frontbericht“ von den kurzen, teuflischen Screams durchstoßen werden, wie die Stimme im schleppenden, absichtlich monotonen „Spiegelbild“ bis zum Brechen ausgereizt wird oder wie das Gesprochene im tristen, auf das Piano beschränkten Abschlusstrack „Greifen“ in verzweifeltes Schreien übergeht. Heftiger gibt’s das eigentlich nur auf den älteren Alben von Bethlehem zu hören. Einzig die englischen Female-Guest-Vocals im nur mit der Akustikgitarre eingespielten „Deranged“ wirken etwas deplatziert, die angsterfüllten Gastbeiträge in „Quand Vient La Fin“ passen stimmlich schon eher zum Rest des Albums.

Instrumental werden die besungenen Themen entsprechend düster untermalt, so erinnern die Riffs beispielsweise in „Der Mensch – Das Hässliche“ entfernt an Nocte Obducta, während sie in „Zeitloses Schweigen“, das außerdem mit einer tollen Bass-Line beginnt, groovig heavy und später ungewohnt melodisch klingen. Das Tempo wechselt von Song zu Song, jedoch nie als Selbstzweck, sondern stets durch Texte und Stimmung begründet. In Sachen Produktion stehen ENDLOS außerdem zweifelsfrei mit den genannten Referenzbands auf einer Stufe, alles hört sich klar und professionell an.

„Im Fallen verlaufen“ ist also fürwahr eine außergewöhnliche Platte. Man möchte wohl nicht wissen, welche Seelenqualen die dahinterstehenden Künstler erleiden mussten, um ein solches Werk zu erschaffen, aber interessant ist es allemal. Mag sein, dass das nach Fäulnis nicht mehr bahnbrechend ist, aber ENDLOS haben trotz aller Ähnlichkeit definitiv eine eigene musikalische Identität, es wurde also keineswegs nur abgekupfert. Und gerade, dass man die Texte an besonders schlechten Tagen zu einem kleinen Teil nachvollziehen kann, macht das Album so beängstigend lebensnah.

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Wertung: 9 / 10

Publiziert am von Stephan Rajchl

2 Kommentare zu “Endlos – Im Fallen verlaufen

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