Review Endstille – Verführer

  • Label: Regain
  • Veröffentlicht: 2009
  • Spielart: Black Metal

Unbamherziges Geknüppel, rohes Geschrei, räudiger Sound, kriegerische Texte und Artworks: das war die Strategie, mit der ENDSTILLE nach einem achtjährigen Feldzug  „Endstilles Reich“ errichteten. Das gleichnamige Album ist ohne Frage der bisherige Höhepunkt in der Karriere der Kieler.

Nun könnte nach fünf Alben in mancherlei Hinsicht ein neues Kapitel zu beginnen: Der Titel „Verführer“ (wäre „Endführer“ keine Option gewesen?) ist erstmals nicht direkt Kriegsbezogen, ähnlich verhält es sich mit dem Cover das mit einer „Metzgermeister Kaiser Wilhelm“-Karikatur aufwartet und damit, wenn man ehrlich ist, reichlich wenig zum Titel und dem bisherigen Bildwerk der Band passt. Imagewechsel? Die ersten Töne von „Verführer“ – ein weiteres Mal ein Schnipsel deutscher Historie („Das ist der Krieg!“) – und die darauf folgenden Takte lassen es ahnen: Nein. Nicht einmal ein Bisschen.

Man könnte beinahe so weit gehen, zu sagen, dass sich bis auf den Titel und das Artwork gar nichts verändert hat: Wie gewohnt knüppeln, schreien und schrammeln ENDSTILLE Song für Song herunter, was dann auch genauso klingt wie eh und je. Und doch, etwas hat sich geändert: Wirkte „Endstilles Reich“ wie das perfektionierte ENDSTILLE-Album, klingt „Verführer“ nicht mehr perfektioniert, sondern routiniert. Was ehemals hasserfüllt war, klingt heute zwar genauso – wirkt aber nicht mehr so. Oder zumindest nicht ganz.

IDas soll nicht heißen, ENDSTILLE wären hier lieb- oder lustlos zu Werke gegangen; allein das Feuer, das einem „Bastard“, „Vorwärts (Sturmangriff II)“, oder, selbstverständlich, einem „Navigator“ innewohnte, scheint erloschen. Was früher räudig war, klingt heute zwar noch so, ist es aber nicht mehr: Mit den Jahren wurde die spielerische sowie technische Komponente der Musik perfektioniert – der kratzige Sound wirkt, als wolle man genau das hinter einer Wand aus rotzigen Distortion-Gitarren verbergen: Er klingt nach einer Reliquie aus alten Tagen, die man aus Wehmut nicht oder zumindest noch nicht ablegen wollte oder konnte.

Wenn man ehrlich ist, ist es trotzdem genau dieser Sound, der das Album rettet: Er macht „Verführer“ vom ersten Ton weg als ENDSTILLE-Album erkenntlich. Denn wäre es das nicht, würde es wohl kaum Beachtung finden: Die Songs selbst bieten wenig Erwähnenswertes. Die Riffs sind bestenfalls durchschnittlich: Zwar auf Anhieb als ENDSTILLE erkennbar – auf charakteristische, eingängige Riffs wie ENDSTILLE sie auf „Endstilles Reich“ perfektioniert hatten, wartet man hingegen vergeblich. Auch der Gesang ist einwandfrei und technisch auf höchstem Niveau – was ihn jedoch nicht davor bewahrt, daran zu scheitern, mitzureißen. Auch hier ließe sich das Wort „Routine“ sehr passend anbringen.

Was bleibt zu sagen? Wer mit ENDSTILLE noch nie etwas anfangen konnte, wird vermutlich nicht einmal einen Unterschied anderen Werken der Kieler hören – verdenken kann man es ihm nicht. Der ENDSTILLE-Getreue wiederum wird selbstredend auch mit „Verführer“ in den Himmel fahren – nur hören müsste er es dazu eigentlich nicht. Denn offensichtlich ist nach „Endstilles Reich“ eingetreten, was viele schon nach „Navigator“ befürchtet hatten, und was bei einer so eng eingegrenzten stilistischen Ausrichtung früher oder später wohl nicht zu vermeiden ist: Der Frontverlauf ist klar, man hat sich eingerichtet, Langeweile kommt auf.

Wertung: 5 / 10

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert