Review Ensemble Economique – Blossoms In Red

(Ambient / Lounge / Trip Hop / Elektronik / Shoegaze) Interessant, eine eher unmetallische Band wie ENSEMBLE ECONOMIQUE muss man zwar nicht unbedingt kennen. Aber der Umstand, dass Mastermind Brian Pyle bereits zum elften Mal insgesamt und zum vierten Mal über das Szenelabel Denovali released, lässt schon aufhorchen. Nun legt er also „Blossoms In Red“ vor, fünf ziemlich lange Tracks, jeder mit einem ganz eigene Vibe und definitiv einer näheren Betrachtung wert.

Genaugenommen sind die Tracks sogar so abwechslungsreich, dass man eigentlich jeden für sich sezieren könnte oder sogar müsste. Das Spektrum reicht dabei über ganz ruhige Ambient-Klänge über kühle Elektronik bis hin zu loungigen Trip-Hop-Elementen. Alleine der Opener zieht bereits gute acht Minuten und hat dabei nicht mehr, aber auch nicht weniger als einige wabernde Sounds zu bieten, die sich gleichsam warm wie reduziert in eine zwar triste, aber nicht hoffnungslose Landschaft ergießen. Vage Erinnerungen an das mystisch-mythische Projekt John 3:16 werden wach, auch wenn „From The Train Window, Red Flowers On The Mountain“ noch vergleichsweise massiv und eruptiv klingt. Ganz sicher keine leichte Kost, aber auch Musik, die den bereitwilligen Hörer sanft in ihre Arme schließt.
Das darauffolgende „Blossoms In Red“, irgendwie unpassenderweise ausgerechnet der Titeltrack, fällt als einzige Nummer negativ auf. Dies liegt vermutlich an der Kooperation mit der Elektronik-Combo „Soft Metals“. Das Ergebnis ist eine technoide Reise durch programmierte Beats und Synthesizer-Flächen, die im Hintergrund agierenden Saiteninstrumente, die schon als gelungen bezeichnet werden können, gehen dabei leider unter. Vermutlich ein toller Song, wenn man diese Art von Musik mag, für das ungeübte Ohr aber anstrengend und wenig sagend.
Deutlich aufwärts zeigt das Stimmungsbarometer bei „On The Sand“, was vor allem dem akzentuierten Gesang von Peter Broderick liegt. Die gehauchten, kratzigen Vocals bestechen durch Intensität und schmiegen sich hervorragend an die minimalistischen Instrumente. Es mag abwegig klingen, aber bei diesem Song schimmern gar Erinnerungen an frühere Tiamat durch, was vor allem an der ausdrucksstarken Stimme liegt. Hier treffen ENSEMBLE ECONOMIQUE die Atmosphäre auf den Punkt, keine Note wird zu viel bemüht, die Stimmung ist hier alles.
Auch beim folgenden „You, By Candlelight“ ist die Stimme Trumpf, dieses Mal verpflichtet Pyle mit J. Moon allerdings eine Sängerin, was der Nummer noch mehr Tragik und Elegie verleiht, auch wenn das vielleicht gar nicht mal beabsichtigt war, denn wenn man genau hinhört, lugen zarte Pflänzchen aufkeimender Hoffnung aus dem Schnee der düsteren Traurigkeit, die sich unaufhaltsam auf die Seele des Hörers legt. Ein klares Highlight, um einen weiteren Vergleich zu bemühen, kann man hier einige Gedanken an das reduzierte Frühwerk von Antimatter denken.
Der „Rausschmeißer“ gestaltet sich als verträumt-beschwingtes Pianostück und trägt den etwas ironischen Namen „Nothing Is Perfect“. Das stimmt sicher auch im Fall von ENSEMBLE ECONOMIQUE und bestimmt auch bezüglich „Blossoms In Red“, aber ein feiner Abschluss ist es schon. Die Wellen, die an den einsamen Strand schlagen, hätte Pyle sich vielleicht sparen können, aber es spricht ja nichts gegen Klischees, wenn sie ganz gut gemacht sind. Dies gelingt ihm hier rein von der Musik und dann verzeiht der Hörer auch diese Griffe in die vermeintliche Trickkiste.

Es müssen interessante Geschichten sein, die Brian Pyle erzählt, auch wenn man sie vermutlich nur erfassen kann, wenn man ganz nah dran ist am Künstler. Die Musik klingt jedenfalls nach Sehnsucht, Hoffnung, manchmal aber auch Enttäuschung und Mutlosigkeit. Alltäglich ist „Blossoms In Red“ sicher nicht, aber auf jeden Fall wert, mal angetestet zu werden. Bis auf den anstrengenden Titeltrack lassen sich die 36 Minuten gut anhören, ENSEMBLE ECONOMIQUE ist mal was absolut Anderes.

Wertung: 7 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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