Review Erebos – A Flame That Pierces With A Deadly Cold

Bei den meisten Bands kann man sich als Fan glücklich schätzen, wenn sie es schaffen, regelmäßig alle zwei Jahre ein neues Album herauszubringen – und dann gibt es Projekte wie EREBOS. Seit der Gründung seines Epic-Black-Metal-Soloprojekts im Jahr 2017 hat Dariusz Lukasik sage und schreibe vier Platten kreiert und veröffentlicht, drei davon allein im ersten Jahr. Über die Sinnhaftigkeit eines derart wahnwitzigen Outputs, womit der Hörerschaft kaum Zeit gelassen wird, das Gehörte einsickern zu lassen, lässt sich sicher streiten, beeindruckend ist ein solch unerschöpflicher Schaffensdrang jedoch allemal. Auch auf dem fünften Album „A Flame That Pierces With A Deadly Cold“ ist dieser kreative Quell offenbar noch nicht versiegt, handelt es sich doch um die erste Platte von EREBOS, die nicht ausschließlich instrumentale Tracks beinhaltet.

Wer aufgrund des Projektnamens, des überladenen Fantasy-Artworks und der musikalischen Ausrichtung befürchtet, EREBOS sei bloß ein weiterer austauschbarer Summoning-Klon, wird bereits von den ersten Tönen des Openers „The Onslaught Of Morgoth“ eines besseren belehrt. Das liebliche Piano, mit dem der Song seinen Anfang nimmt, lässt nämlich eher an eine grazile Ballettaufführung als an die Machtergreifung des namensgebenden dunklen Herrschers aus Tolkiens „Silmarillion“ denken. Die bald darauf folgenden kernigen Screams, griffigen Gitarrenriffs, marschierenden Drums, verhängnisvollen Keyboard-Bläser und Chöre kommen dem Textkonzept schon deutlich näher. Diese eigentümliche Dualität zieht sich, wie man alsbald feststellt, durch das gesamte Album.

Auf der einen Seite stehen die kraftstrotzenden Black-Metal-Parts, die nicht selten einen vertrauten Oldschool-Ton anschlagen („Whirlwind Of Flame“), auf der anderen die bombastischen, oft aber auch zarten und friedlichen Keyboardarrangements. Der Wille, die verschiedensten Möglichkeiten auszuschöpfen, den EREBOS hinsichtlich der Orchestrierung an den Tag legt, ist, wie sich später herausstellt, sowohl Segen als auch Fluch. Erfreulich ist dieser Facettenreichtum insofern, als sich die Platte dadurch trotz ihrer kurzen Laufzeit von einer halben Stunde immer wieder in unerwartete Richtungen entwickelt und sich jeder einzelne Track einprägt. Besonders die epischen Einschübe wie etwa im beschwingten „Of Dawn And Dusk“ oder im ominösen Outro „Ashes And Crumbled Stone“, das man glatt für einen Teil des Soundtracks zu „Der Herr der Ringe“ halten könnte, hinterlassen einen starken Eindruck.

Die Schattenseite ist demgegenüber, dass die ruhigeren Abschnitte meist eher deplatziert wirken – zum Beispiel der an eine Spieluhr erinnernde Auftakt von „Of Dawn And Dusk“. Davon abgesehen, dass die gegensätzlichen Stilelemente auf „A Flame That Pierces With A Deadly Cold“ von EREBOS recht unbeholfen zusammengefügt wurden und daher nicht immer stimmig ineinanderfließen, ist der Black-Metal-Anteil im Vergleich zur Orchestrierung leider recht unscheinbar ausgefallen.

Dass EREBOS sein fünftes Album so holprig aufgebaut und mit einer derart schwachen Produktion veröffentlicht hat, ist ausgesprochen bedauerlich. In jedem einzelnen Song stecken mehrere wirklich interessante Ideen, die es verdient hätten, zu Ende gedacht und angemessen umgesetzt zu werden – wie es auf den bisherigen Veröffentlichungen des Projekts mitunter bereits geschehen ist. Auf „A Flame That Pierces With A Deadly Cold“ funktioniert hingegen vieles schlichtweg nicht. Screams, Riffs und Schlagzeugrhythmen sind bis auf wenige Ausnahmen zu unspektakulär und die Keyboards entfernen sich manchmal zu weit von der vorherrschenden Grundstimmung. Obwohl es sich durchaus lohnt, EREBOS als Projekt eine Chance zu geben, kann man dieses Album somit ohne allzu große Gewissensbisse auslassen.

Wertung: 6 / 10

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