Review Evile – Infected Nations

  • Label: Earache
  • Veröffentlicht: 2009
  • Spielart: Thrash Metal

Stand der traditionelle Thrash Metal vor einigen Jahren noch auf der Roten Liste der bedrohten Spielarten, braucht man sich diesbezüglich mittlerweile wohl keine Sorgen mehr zu machen. Die mittlerweile wieder wachsende Zahl junger Bands in diesem Genre versteht sich so gut wie in kaum einem anderen Genre darauf, alte Tugenden und neue Ideen in Einklang zu bringen. Dass die Briten EVILE noch eine große Zukunft vor sich haben, war bereits nach ihrem 2007er-Debüt „Enter The Grave“ absehbar. Damals wurden sie zwar ständig (und nicht ganz unbegründet) mit Slayer verglichen, aber doch stets in höchsten Tönen gelobt.

Mit „Infected Nations“ erscheint nun das zweite Album der Band – und lässt keinen Zweifel mehr daran, dass man es mit würdigen Erben der alten Thrash-Legenden zu tun hat. Bereits bei den ersten Distortiongitarren, die nach dem Clean-Intro ertönen, zeigen EVILE, was sie drauf haben: In einem Picking-Tempo, von dem ein Kerry King längst nur noch träumen kann, zeigt sich die Band gleich von ihrer besten Seite. Atemberaubendes Shredding, catchy Riffs, epische Frickelsoli, fettes Drumming, eine sehr abwechslungseiche Songstruktur und – last but not least – Drakes Stimme können auf ganzer Linie überzeugen. Eigentlich könnte das Review ebensogut hier enden, 10 Punkte, Kaufbefehl und fertig.

Da das aber vielleicht doch etwas dürftig wäre, wollen wir noch etwas weiter ins Detail gehen. Musste Drake sich für seine Gesangsleistung auf dem letzten Album noch als Tom Arayas kleiner Bruder umschreiben lassen, dürfe dieser Vergleich Geschichte sein. Dafür könnte nun das Gerücht aufkommen, neuer Ziehvater des Nachwuchstalents sei niemand geringeres als James Hetfield, klingt Drakes melodischer Gesang mit den langgezogenen Worten doch immer wieder nach dem Metallica-Sänger. Dies sollte allerdings nicht als Kritik aufgefasst werden: Der Stil passt gut zu Matt Drakes Stimme und wirkt absolut autentisch.

Auch musikalisch hat sich einiges getan – gegen „Infected Nations“ wirkt der Vorgänger fast schon einfallslos: Das neue Werk sprudelt nämlich nur so vor Ideen, Kreativität und Virtuosität, sodass die Songs den Hörer von der ersten Minute an in ihren Bann ziehen. Dass die Lieder im Schnitt auch etwas länger ausgefallen sind, fällt dank der fast schon progressiven Songstrukturen nicht negativ auf: Stumpfes Songwriting, bei dem man mit einem Riff zwei Songs schreibt, wie es im Thrash leider oft zu hören ist, gibt es hier nicht.

Dabei wirkt „Infected Nations“ jedoch zu keiner Zeit abgehoben, übertrieben oder gekünstelt. Die Band hat ihren eigenen, interessanten Stil gefunden, ohne dabei (wie die gesamte „Neo-Thrash“-Bewegung) ihre Wurzeln zu vergessen: An diversen Stellen sind Verweise auf Sepultura, Slayer oder Metallica nicht zu überhören, jedoch stets in Form einer respektvollen Verneigung vor deren Schaffen und nicht aus eigener Ideenlosigkeit oder gar dem Antrieb heraus, mit fremden Tugenden zu punkten. Wie um diese Intention zu visualisieren, wirkt auch das Coverartwork von Michael Whelan wie eine inovativ aufgearbeitete und mit Respekt vor dem Original weiterentwickelte Version des (ebenso von ihm gezeichneten) Artwork-Klassikers zu Sepulturas „Arise“.

Von Russ Russell soundtechnisch vollendet, weiß „Infected Nations“ so von der ersten bis zur letzten Minute vollends zu überzeugen. Selbst das fast zwölfminütige Instrumental, das die CD beschließt, sowie der Bonustrack der Special Edition sind da keine Ausnahme. So, und jetzt: 10 Punkte, Kaufbefehl und fertig.

Wertung: 10 / 10

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