Review Feuerschwanz – Walhalligalli

Sie ist wieder da, die mittelalterliche Mallorcabastion namens FEUERSCHWANZ. Der geneigte Hörer erwartet an dieser Stelle nun neue Sauf- und Raufhymnen, die Weibern, Met und Märchen huldigen. Doch die Barden bewegen sich auf ihrem neuen Album namens „Walhalligalli“ tatsächlich weg vom pseudohistorisch verpackten Blödeltum hin zu ernstzunehmendem Folkrock, ohne dabei ihre Markenzeichen aus den Augen zu verlieren.

Während sich Combos wie Saltatio Mortis oder Subway to Sally immer mehr von ihren folkig-rhythmischen Anfängen verabschiedet haben, bewahren sich FEUERSCHWANZ auf ihrem aktuellen Longplayer ihre Lockerheit: Und diese lockere Verspieltheit wurde von Thomas Heimann-Trosien so druckvoll wie nie zuvor produziert. So füllen der Hauptmann und sein Gefolge nun eine Lücke in der hiesigen Folklandschaft, die so vor einigen Jahren noch nicht bestand und entfliehen gleichzeitig ihrer teils selbst auferlegten „Comedy-Falle“.

Gab es auf dem letzten Album namens „Wunsch ist Wunsch“ noch einige Ausreißer in beide Richtungen, so ist „Walhalligalli“ ein in sich geschlossenes Folkalbum, welches nur im letzten Drittel ein wenig an Fahrt einbüst. FEUERSCHWANZ schlagen dabei insgesamt geschickt den Bogen zwischen ihren traditionellen Marktkompositionen und modernen Rocknummern. Die Qualitäten der einzelnen Musiker strahlen in diesem Rahmen mehr denn je: Sei es das beeindrucke Solo von Gitarrist Hans dem Aufrechten in „Spielmannsträne“ oder auch die Einzelparts von Johanna von der Vögelweide im gleichnamigen „Johanna“. Für die Mischung aus den individuellen Stärken der Bandmitglieder stehen wiederum Stücke wie „Schlammschlacht“, in dem die Flöte in den Strophen melodieführend ist, während der Refrain von satten E-Gitarren untermalt wird. Zweiteres gilt ebenso für „Metnotstand im Märchenland“, zu dem FEUERSCHWANZ darüber hinaus ein Video gedreht haben.
Durch den hervorragend abgestimmtenen Instrumenten-Mix gerät „Walhalligalli“ darüber hinaus erfreulich abwechslungsreich. Gleiches gilt für den Gesang, der gleichermaßen zwischen den beiden Sängerstimmen des Hauptmanns und seines Prinzen aufgeteilt ist. Besonders das Zusammenspiel der beiden Frontmänner funktioniert erstmals auf CD ähnlich hervorragend wie live, wobei Prinz Hodenherz an seinen Instrumenten deutlich aktiver ist.

Textthematisch gehen FEUERSCHWANZ ebenfalls erfrischend neue Wege und sind keineswegs mehr die J.B.O. des Mittelalterrock: Waren es früher einzelne Highlights wie „Der Henker“ oder „Latte“, so gibt es derlei Ideen nun vermehrt. So beschreibt „Der Hengst“ eine Schlacht aus der Sicht eines Pferdes und „Aurum Potabli“ (der Stein der Weisen) erzählt die kneipentaugliche Variante des trinkbaren Golds.
Geschichtlich fundierter gerät „Rübezahl“, welches auf der gleichnamigen Legende basiert. Steuerte auf „Wunsch ist Wunsch“ noch Coppelius-Klarinettist Le Compte Caspar einen Text bei, so ist es dieses Mal der ehemalige Sänger der Letzten Instanz Sebastian Lohse, der die bissige Textgrundlage für „Der Geizhals“ lieferte. Mit Akustikgitarre wurden die ironisch-sarkastischen Worte eingängig umgesetzt.

Apropos Eingängigkeit: Die Melodien auf „Walhalligalli“ klingen zwar nicht neu, aber wurden zusammen mit den Songtexten so verpackt, dass das Gesamtpaket ungemein gut ins Ohr geht. Dies gilt sowohl für das Melancholisches wie „Nimmerland“ oder das bereits live erprobte „Spielmannsträne“ als auch für Feiertaugliches wie den Opener „Mach Dich Frei“. „Mieze Für Immer“ erinnert hingegen von der Umsetzung an die mittelalterliche Version von Seeed. Abgerundet wird „Walhalligalli“ schließlich von Langerfeuerromantik bei „Das niemals endende Gelage“.

Kurzum: FEUERSCHWANZ sind ihren „Kinderschuhen“ tatsächlich entwachsen und landen mit „Walhalligalli“ eben jenen Befreiungsschlag, der die Band weg bringt von klischeebeladenen Albernheiten und pubertärem Nonsens in Märchenform. Mit ihrem fünften Studiowerk und namhafter Unterstützung an den Reglern ist es den Musikern gelungen, den nächsten Schritt in ihrer Bandvita zu gehen. Weniger albern und deutlich folkrockiger als es der unglückliche Titel „Walhalligalli“ naheliegt, liefert das Erlanger Sextett ihr bis dato bestes Werk. Markt trifft Moderne – herzlich Willkommen!

Wertung: 8.5 / 10

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert