Review Hammerfall – Glory To The Brave

Das Debüt „Glory to the Brave“ der heute bekanntesten schwedischen True/Power Metal-Band sorgte 1997 für Furore in der am Boden liegenden Heavy Metal-Szene. Da Blind Guardian erst im Jahr darauf, 1998, ihr „Nightfall in Middle-Earth“-Album veröffentlichen sollten, war die zu dieser Zeit einzige wirklich große europäische Band aus diesem Sektor Stratovarius, die im selben Jahr zwar „Visions“ veröffentlichte, aber damit anscheinend nicht großflächig bei den Fans landen konnte. So sahen es also Oscar Dronjak und zu dieser Zeit noch Jesper Strömblad als ihre Pflicht, der Szene auf die Beine zu helfen. Durch einen Vertrag bei Nuclear Blast gestaltete sich dies dann auch als garnicht so schwierig, bis auf den Fakt, dass alle Bandmitglieder zur Zeit zu der das Album eingespielt wurde ziemlich im Stress waren, was sich auf dem Album leider auch bemerkbar macht, vor allem die Produktion hätte um einiges besser sein können hätte man mehr Zeit für das Album gehabt. Doch wollen wir nun einmal im Detail betrachten, was die Band um Sänger Joacim Cans, dem die Band viele Hasser, aber mindestens ebensoviele Fans eingebracht hat, da angerichtet haben:

Das Album wird eingeläutet mit dem Song „The Dragon Lies Bleeding“, ein verdammt schnelles und dennoch nicht im mindesten monotones Riff wird einem um die Ohren geschleudert, überhaupt wird mit allen Instrumenten gleich richtig losgelegt. Vor allem das Schlagzeug fällt hier sehr positiv auf, statt dem, was man heute häufig bei HammerFall präsentiert bekommt, nur den Rhythmus angebende Drums, bekommt man diese hier noch sehr präzise, flott und über das Normalmaß hinaus. Es folgt der Gesang Joacims, und hier mag die schlechte Produktion auf dem Album einen positiven Nebeneffekt haben, es wäre nicht auszudenken wie sehr die damals nicht trainierte und folglich auch nicht wirklich kräftige Stimme des Frontmans zwischen den Instrumenten untergegangen wäre, hätte man eine Produktion wie auf dem neuen Album „Chapter V: Unbent, Unbowed, Unbroken“ aufgefahren. Textlich geht es vor allem um Schlachten, Siege und Niederlagen, die Stärke und der Stolz von Kriegern, und natürlich Heavy Metal. Es fällt jedoch im Vergleich zum Manowar-Prinzip „20 Wörter in einen Topf schmeissen, umrühren und daraus einen Songtext schreiben“ noch relativ human, wenn auch trotzdem weitgehend sinnfrei, aus. Sehr angenehm ist aber, dass die Texte zwar ähnlich true wie die der Warriors of the World sind, die Frauen aber vollkommen außen vor gelassen worden, Lieder wie „Pleasure Slave“ braucht man sich hier also nicht geben. Dafür sind HammerFall eben die wahren Templer des Heavy Metal. Was man jetzt bevorzugt bleibt jedem selbst überlassen, ich bevorzuge die Kreuzritter, vor allem wenn man dann das Skelett eines Oscar Dronjak im Booklet sieht, kann man sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, wenn man an die achso stolzen und truen Texte denkt.

Es geht weiter mit „The Metal Age“, ein Song mit wiederum schnellem und sehr melodiedienlichem Riffing, es geht jedoch insgesamt eher im Mid-Tempo zu. Neben der Geschwindigkeit tritt auch die Abwechslung hier ein klein wenig in den Hintergrund, der Refrain ist für HammerFall-Verhältnisse zu kurz und kommt zu oft hintereinander. Lediglich ein recht nettes Solo findet sich hier. Darauf folgt nun die heute immernoch fest im Liveset verankerte Bandhymne „HammerFall“, deren Refrain sowohl textlich als auch stimmlich selbst kurz vor der Alkoholbedingten Ohnmacht nocht gut zu singen ist. Das kurze Intro wirkt hier ziemlich episch im Vergleich zum Rest der Platte. Instrumental ist wie immer nichts zu meckern, allerdings scheint „HammerFall“ ein wenig zu sehr auf Mitgröhlen zurechtgeschnitten, was den Spass am Zuhören die ersten paar Druchläufe zwar ungemein anhebt, aber nach und nach doch immer langweilliger wirkt. Der Schluss wirkt viel zu sehr in die Länge gezogen, was den von Trueness durchfluteten Adern nicht unbedingt gut tut. Alles in allem ein wenig spektakuläres Lied, aber: Das ist genau der Stil wegen welchem tausende von Fans sich heute noch ihre Alben anhören und begeistert auf ihre Konzerte gehen, HammerFall sind bis heute nurnoch selten von dem durch den dritten Song dieser Platte definierten Stil abgewichen.
„I Believe“ ist dann eine recht unnötige Ballade, man will an dieser Stelle einfach noch keine Ruhe haben, der Song wirkt unnötig einschläfernd. Der Gesang Joacims wirkt hier irgendwie schmalzig in Kombination mit den Instrumenten. Na gut, das sind bis jetzt ein wirklich unnötiges – vielleicht weil falsch platziertes – Lied, zwei absolute Kracher und ein immernoch überdurchschnittlicher Song. Das anschließende Warlord-Cover „Child of the Damned“ gehört fraglos zu den Krachern, das zu Beginn des Lieds richtig böse wirkende recht vertrackte Riffing macht sich wirklich klasse im Gegensatz zum recht schnellen und hier auch wieder wirklich gut passenden Gesang. Einfach eine absolute Glanzleistung, schade dass sie nicht HammerFall allein in die Schuhe zu schieben ist, die 3.42 Minuten vergehen wie im Flug. Nach diesem recht untrue gehaltenen Song geht es also kampfeslustig weiter mit „Steel Meets Steel“ . Textlich werden hier die Kreuzzüge und die Eroberung Jerusalems durch die Christen behandelt, aus der Sicht der Tempelritter, der damaligen Elite-Krieger und Kampfmönche des christlichen Heers. Das Haupriff wechselt sich hier wunderbar mit der Strophe und teilweise zaghaft ansetzenden Leadversuchen ab, welche sich bei ca. 2/3 des Songs in ein schönes Solo entladen. Hier wird auch wieder schön verdeutlicht, dass HammerFall noch nicht auf der Songstruktur „Strophe-Refrain-Strophe-Refrain-Solo-Refrain“ festgefahren waren, sondern die Abschnitte wirklich kreativ verteilt haben. Wunderbar zum Bangen, wunderbar True, wunderbar zum Mitgröhlen, was will man mehr? Mit der reichlich unwitzigen Ansage „It’s very hot in here, so let’s cool down a bit with Stone Cold“ kündigte Joacim Cans „Stone Cold“ auf der Live-DVD „One Crimson Night“ an. Das Lied an sich ist wieder für diese Platte typisch kreativ und recht düster im Vergleich zum neuen Material, die Leadgitarre zu Beginn des Songs fällt gleich sehr positiv auf, das Mid-Tempo ist hier überhaupt nicht störend. Hier hätte die Produktion aus heutigen Tagen wahre Wunder gewirkt, wieviel heavyer dieses Lied damit geworden wäre weiß jeder der den Song auch nur einmal gehört hat. Der Text ist hier auch mal wirklich sinnvoll, es geht wohl um eine Art Zukunftvision in der die Menschheit die Kontrolle über die Maschinen verloren hat, es liest sich wie eine Vorstufe des Films „The Matrix“.
Der leider schon vorletzte Lied der CD heißt „Unchained“, wirklich cooles Riffing und sich strikt an dieses haltender Gesang regieren hier vor. Ein langsamer Zwischenpart wirkt hier wieder eher unpassend eingestreut, aber darüber kann man mit gutem Willen hinwegsehen. Oder den Rest des Liedes einfach überspringen, der beste Teil ist an dieser Stelle sowieso schon vorbei.

„Glory to the Brave“, das zweite Lied , welches noch heute auf jeder HammerFall-Show gehört werden kann. Ein kurzes, penetrantes aber trotzdem irgendwie passendes Klavierintro läutet das Lied ein. Darauf folgt ein kurzer wieder mit großer Epik versehener heavy Part, der dann aber gleich wieder von der Gitarre abgelöst wird, die im Alleingang mit dem Gesang agiert. Schon in der ersten halben Minute fällt hier die traurige Atmosphäre auf, die sich durch den ganzen Song zieht und durch den gefühlvollen , niedergeschlagenen Gesang Joacims noch verstärkt wird. Im zweiten Refrain gibt es dann auch wieder alle anderen Instrumente, und mit in den Hintergrund gestellten tiefen Vocals kombiniert mit Joacims Stimme zeigt dieser Song, das er es absolut verdient hat, immer und immer wieder live gespielt zu werden. Noch einmal zu betonen ist hier die sehr traurige Atmosphäre, die auf dem ganzen Album in dieser Form wirklich garnicht gefunden werden kann.
Wobei, das Album ist insgesamt sowieso kaum atmosphärisch, es ist einfach Heavy Metal ohne allzugroßen Tiefgang, der aber hier noch sehr frisch und inspirierend dargeboten wird. Es ist wirklich schade, dass HammerFall anscheinend schon alle ihre Kreativität an diesem Album verbraten haben, denn auch wenn noch viele weitere großartige Lieder folgen werden, sie alle sind, mit Ausnahme von „Knights of the 21st Century“ vom neuen Album, an Abwechslungsreichtum nicht mit den Liedern dieses Albums zu vergleichen.

Als Fazit muss man sagen, dass HammerFall hier ein starkes Album abgeliefert haben, welches durch die schnelle Gitarrenarbeit, dem präzisen Drumming und allem voran durch Joacim Cans verdammt hoher aber trotzdem gut zu Heavy Metal passender Stimme absolut an Größe gewinnt. Würde man dieses Album wie Dimmu Borgirs „Stormblast“ neu einspielen, ihm würde wahrscheinlich die Frische von damals fehlen, aber ich will mir nicht ausmalen was für ein Album einen mit der heutigen Produktion und den heutigen Fähigkeiten der Mitglieder an ihren Instrumenten erwartet hätte. Dass richtig gute Basslinien auch auf diesem Album fehlen ist schade, aber man ist es ja aus fast dem gesamten Bereich des True/Power/Heavy Sektors schon ziemlich gewohnt. Die Bewertung schraube ich um einen Punkt runter, einen halben wegen der schlechten Produktion und einen halben wegen dem recht unausgereiften Gesang von Joacim Cans. Für Fans des melodischen Power Metals unbedingt zu empfehlen.

Wertung: 9 / 10

Publiziert am von Marius Mutz

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