Havamal - Tales From Yggdrasil

Review Havamal – Tales From Yggdrasil

Die Hávamál bedeutet in der nordischen Mythologie „des Hohen Lied“ – eine Sammlung von 164 Strophen der Weisheitsliteratur, die der Lieder-Edda zugeordnet werden. Daran orientiert sich seit dem Jahr 2016 die gleichnamige Band HAVAMAL, die zunächst ihre EP „Call Of The North“ veröffentlichte, dann bei Art Gates Records unterschrieb und dort die beiden ersten Alben „Tales From Yggdrasil“ (2019) und „The Shadow Chapter“ (2021) herausbrachte.

Die Musik der jungen Schweden lässt an eine etwas düstere Ausprägung von Ensiferum oder Equilibrium denken, glänzt aber vor allem noch durch epische Filmscore-Samples, wie der geneigte Hörer sie etwa von Audiomachine kennt. Das verspricht einen fantastischen Mix aus guter Härte und beeindruckender Eingängigkeit. Und so lassen HAVAMAL nach eben dieser Rezeptur den Opener „Harken The Shadows“ erklingen, der einen enormen Spannungsbogen erzeugt und zu „Draugers March“ überleitet. Hier zeigen die Protagonisten sogleich, was sie ausmacht: rasantes Gitarrenspiel, druckvolles Drumming und facettenreicher Gesang zwischen kräftigen Growls und einem ausgeprägten Gespür für weniger Härte und mehr Melodie, und das vollkommen ohne an dieser Stelle eher unpassenden Klargesang auszukommen.

Die Band geizt nicht mit Tempowechseln und zeigt anschließend mit „Berserker“, dass sie sich auch im Midtempo pudelwohl fühlt. „Berserker“ ist eine stampfende Schlachtnummer, angereichert durch die eingangs angesprochenen Samples und ist, das sei eine Erwähnung wert, anhand der Spotify-Abrufe mit großem Abstand der beliebteste Song der Band.

Sehr harmonisch sind in hübscher Regelmäßigkeit auch die vorgetragenen Soli, die weit entfernt von thrashmetalliger Saitenfrickelei sind, sondern vielmehr ein Plus an melodischem Tiefgang bieten. „Dawn Of The Frost Giants“, woran gewiss auch Ensiferum-Fans ihre Freude haben dürften, offenbart galoppierendes Riffing, mitreißende Strophen und in der Mitte einen sehr gefälligen Bruch, bei dem HAVAMAL in kurzer Zeit die verschiedenen Stilmittel ihres Repertoires gekonnt aneinanderreihen.

All das gilt ebenfalls für das krachende „Death Of Balder“, das mit schnellen Riffs, noch schnellerem Drumming und exzellent eingesetztem Keyboard daherkommt. Der Song eignet sich neuen Hörern wunderbar, in die Band einzusteigen. Er zeigt, wie es HAVAMAL stets gelingt, die typische Viking-Metal-Rezeptur durch Melodic Black- und Death-Metal-Einflüsse zu veredeln. Dem steht auch „Hail Havamal“ in nichts nach, einem Song, der auf eine fast schon perfide Art stellenweise fröhlich wirkt, dann aber doch wieder enorm düster ist.

Zu guter Letzt lässt sich der Rausschmeißer „Ginnungagap“ als der Song ausmachen, der die schon wirklich starken ersten acht Stücke nochmal überragt. Wie die beiden von Frontmann Björn Larsson eingesetzten Gesangsstile sich hier ergänzen ist großartig inszeniert und insgesamt umgibt den Song eine atemberaubende Dramaturgie – eine gigantische Nummer! Übrigens auch wieder mit einem dieser angesprochenen Leads, die dem Song so viel geben und wieder und wieder gehört werden wollen.

Verteilt auf äußerst spannende 48 Spielminuten ist HAVAMAL mit „Tales From Yggdrasil“ ein phänomenales Debüt gelungen. Wer Viking Metal ohne Party-Attitüde mag, sich von einer blitzsauberen Produktion und womöglich eher untypisch-modernen Elementen nicht abschreckendes lässt, sollte sich von HAVAMAL unbedingt auf diese Erkundungstour quer durch die Edda entführen lassen. Dass diese Truppe nicht bekannter ist, mag der Fülle an Bands in diesem nach wie vor populären Sektor geschuldet sein. Doch HAVAMAL haben ganz gewiss das Zeug dazu, sich in den nächsten Jahren einen guten Namen zu machen,

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Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Andreas Althoff

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