Review Hypno5e – Shores Of The Abstract Line

Metal, der Bilder im Kopf erzeugt. Musik für einen imaginären Film. „Cinematographic Metal“ also. Mit diesem Begriff beschreiben HYPNO5E ihre Musik, die sich ansonsten wohl am ehesten als leicht experimentell angehauchter Progressive Metal bezeichnen ließe. Mit „Shores Of The Abstract Line“ haben die Franzosen nun ihr drittes Album, ein Konzeptalbum, vorgelegt.

Die Songs unterteilen sich in fünf Kategorien. Das Intro und der zwölfminütige Song danach sind unter „East Shore“ zusammengefasst, die beiden folgenden Songs unter „West Shore“, die auf Spanisch vorgetragene Ballade „Tio“ bildet den „Central Shore“, gefolgt von zwei Songs unter dem Label „North Shore“ und einem abschließenden, 15-minütigen Epos zum „South Shore“. Dass hierbei sehr durchdacht ans Werk gegangen wurde, merkt man der Platte zu jedem Zeitpunkt an. Musikalisch schleudern HYPNO5E mathematisch exakt ausgearbeitete Djent-Ausbrüche um sich, ehe sie immer wieder zu ihrem meist mit Sprachsamples oder Cleangesang gefütterten Ruhepol zurückfinden. Das garantiert auf der einen Seite zwar genug Abwechslung, ist aber gleichzeitig auch leider größter Kritikpunkt: Zwischen ständig hin- und herwechselnden hochenergetischen Metalpassagen und sprachsampleunterlegten Ambientparts will einfach selten ein richtiger musikalischer Fluss entstehen. Das ist schade, denn die einzelnen Parts für sich betrachtet sind überwiegend wirklich enorm stark. So überrascht es auch nicht, dass das zentral platzierte und im Vergleich zu den restlichen Songs eher kurz gehaltene „Tio“ sich als stärkster Song des Albums entpuppt. Keine Spielereien, keine ausschweifenden Djentpassagen, einfach fokussiertes Songwriting. Hätten HYPNO5E mehr auf solche Songs gesetzt – man kann nur ahnen, wie grandios das Album hätte werden können. In zahlreichen, ruhigen Momenten wie diesem erinnern HYPNO5E nicht selten an ihre Labelkollegen The Ocean.
Besonders auffällig sind die bereits erwähnten Sprachsamples, von denen es auf dem Album ungewöhnlich viele gibt. Fast wie der Off-Erzähler eines Films begleiten die trist klingenden Erzählungen auf Französisch, Spanisch und Englisch den Zuhörer auf der Reise durch das Album. Dass dabei für den üblicherweise nicht-multilingualen Zuhörer wohl nur die englische Erzählung über einen Pianisten in einem Restaurant verständlich sein dürfte, ist schade, ist doch gerade dieser Moment einer der stärksten auf dem Album. So spielen sich HYPNO5E durch ihr bedeutungsschwangeres, einstündiges Werk, ehe sie im Finale des „South Shore“ nochmal die ganz großen, emotionalen Register ziehen und ihre Reise würdig beenden.

HYPNO5E mag mit ihrem geradezu wellenartig verlaufenden dritten Album „Shores Of The Abstract Line“ nicht das ganz große Meisterwerk gelungen sein, doch auch so bleibt es durchaus zufriedenstellend. Fans von progressiver Musik mit experimentellen Ausflügen dürften ohnehin voll auf ihre Kosten kommen, aber auch alle anderen sollten mal einen genaueren Blick wagen. Es dürfte zumindest nicht überraschen, wenn man von der Band nach diesem Album noch öfter hört.

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Wertung: 7.5 / 10

Publiziert am von Simon Bodesheim

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