Review Ihsahn – Arktis.

Guten Gewissens kann man IHSAHNs 2013er Album „Das Seelenbrechen“ als opus magnum des Norwegers bezeichnen: Das in seiner ganzen Breite überwältigende Werk konnte die Erwartungen, die die Metalgemeinde wegen der großen Emperor-Alben auch in Bezug auf Vegard Sverre Tveitans Soloschaffen gehegt hatte, endlich erfüllen: Zwischen entrückter Harmonie und grotesker Manie lotete „Das Seelenbrechen“ verschiedenste musikalische Extreme aus und blieb dabei atmosphärisch doch stets homogen – trotz unverkennbarer Highlights ein Gesamtkunstwerk, das Genre-Schubladen einmal mehr ad absurdum führte. „Arktis.“ rudert nach dieser avantgardistischen Eruption zurück – wohin auch sonst, weiter ging es nicht mehr.

Weniger archaisch auf der einen und weniger melodiös-schmeichelnd auf der anderen Seite präsentiert sich das Album mit dem Outdoorsport-Cover. In Grundzügen handelt es sich um ein irgendwo zwischen Prog Metal und Art Rock angesiedeltes Potpourri, das in Riffs und Gesangsarrangements nach wie vor unverwechselbar nach IHSAHN klingt. Weniger typisch für Tveitan, dafür umso symptomatischer für die angesprochenen Genres ist indes die weitgehende Ziellosigkeit der einzelnen Songs: Regelmäßig treffen hier Riffs, die knallen wollen, aber nicht grooven, ohne Ansatz auf Refrains, die mitreißen wollen, aber nicht berühren. Die liebevoll ausgestalteten Melodien, die dem Vorgänger-Album Tiefe verliehen, sucht man besonders in der ersten Hälfte von „Arktis.“ vergeblich. Auch überzeugende Spannungsbögen fallen vor allem durch Abwesenheit auf und nur selten gelingen Passagen, die den Hörer wieder aus vager Gleichgültigkeit zu reißen wissen.
Stattdessen merkt man dann bei Songs wie „Until I Too Dissolve“ auf, dessen Hauptriff Lederkutten-Bands in den 80ern mit Handkuss genommen hätten, das zu IHSAHN aber so gar nicht passen will. Was „Arktis.“ musikalisch aussagen soll, bleibt nicht nur in solchen Momenten in höchstem Maße unklar. Passend dazu entfalten dann auch die nach wie vor bitterbösen Vocals nur begrenzt ihre Wirkung – ohne Exzentrik und Zügellosigkeit auf instrumentaler Seite klingen sie häufig genug aufgestülpt auf den allzu arglosen Sound.

Natürlich ist „Arktis.“ nicht von vorne bis hinten unbefriedigend. Sobald experimentellere Elemente Einzug halten, klingt das Album um ein Vielfaches inspirierter und überzeugender: Ob nun die lässige Orgel in „My Heart Is Of The North“, das manische Klavier, das in „Frail“ gegen elektronische Sounds gestellt wird oder das beklemmende „Celestial Violence“, mit dem IHSAHN dann eben doch so etwas wie eine Hymne geschaffen hat. „Arktis.“ hat durchaus Momente, welchen eine gewisse Grandeur innewohnt, wie man sie von „Das Seelenbrechen“ gewohnt war. Insgesamt klingt IHSAHN 2016 aber sowohl im Kontext der eigenen Diskographie wie auch in dem der bespielten Genres zu handzahm für echten musikalischen Mehrwert.

Wertung: 6.5 / 10

Publiziert am von Marius Mutz

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