2013

Review Ihsahn – Das Seelenbrechen

Die Werke, die der Musiker Ihsahn mit seiner Band Emperor geschaffen hat, sind zeitlos. Wer wissen will, wie Black Metal der ersten Generation klingt, wird auch in 20 Jahren an Alben wie „In The Nightside Eclipse“ oder „Anthems To The Welkin At Dusk“ nicht vorbei kommen – und dass Emperor mit „Prometheus“ einen Meilenstein des progressiven Black Metal gesetzt haben, steht ebenfalls außer Frage. Die angekündigte Emperor-Reunion lässt also auf Großes hoffen – das Ende einer Durststrecke stellt es aber gewiss nicht da, lieferte IHSAHN mit seinem Soloprojekt in den letzten Jahren doch nicht minder beeindruckende Werke progressiven Einschlages.

Nach zwei vergleichsweise zahmen Alben begab sich IHSAHN mit „After“ wieder in progressiv-härtere Gefilde. Die hier noch vernehmbaren „Angl“-Anleihen verschwanden mit dem Nachfolger „Eremita“ nahezu ganz, während IHSAHN sowohl in Sachen Progressivität als auch Härte neue Extreme auslotete – eine Entwicklung, die in ihrer Konsequenz ebenso beeindruckt wie in ihrer Eleganz.
Mit „Das Seelenbrechen“ geht IHSAHN diesen Weg konsequent weiter und dekonstruiert das Konzept IHSAHN erneut bis zum Fundament. Zwar sorgt schon allein der charakteristische Gesang des charismatischen Fronters natürlich für Wiedererkennungswert; ansonsten jedoch lässt IHSAHN keinen Stein auf dem anderen. Bereits der Opener, „Hiber“, deutet diese Entwicklung mit seinen progressiv-verschrobenen Riffs an – eine Entwicklung, die sich in der Genialität des darauf folgenden Stückes „Regen“ mit seinem ausgedehnten Klavier-Intro, das sich in seinem Verlauf zu einem episch-pompösem Konstrukt entwickelt, oder dem nicht minder genialen „Pulse“ ebenfalls direkt niederschlägt.
Doch das ist längst nicht alles: Statt „nur“ eine Sammlung gelungener Songs abzuliefern, nimmt IHSAHN seine Hörer hier mit auf eine Reise, die spätestens bei „Tacit 2“ ins organisierte Chaos führt. Hier macht sich deutlich bemerkbar, dass IHSAHN auf dem Album vermehrt auf Improvisation gesetzt hat: Die Songstrukturen sind nur noch vage Konstrukte, die vor Spontanität und Dynamik nur so sprühen. Im Gegenzug ist das Saxophon, welches zuletzt als verstörendes Element von zentraler Bedeutung war, nahezu komplett verschwunden – und mit ihm die oftmals die aufgekratzte Aggressivität, die Jørgen Munkeby mit seinem furiosen Spiel den Songs verliehen hatte. Statt dessen dringt IHSAHN spätestens mit „Rec“, „M“ und „Sub Ater“ in die Sphären des Prog-Rock ein, bevor er bei „See“ dann jedwede Konvention, die es in Sachen Songwriting gibt, hinter sich lässt – und grade damit erneut die Zeitlosigkeit seiner Musik unter Beweis stellt.

So ist „Das Seelenbrechen“ nicht nur musikalisch genial und von der ersten bis zur letzten Minute mitreißend emotional, sondern beeindruckt, grade im direkten Vergleich mit dem zunächst doch etwas sperrigen Vorgänger, durch seine überraschende Zugänglichkeit bei nochmals deutlich gesteigertem Progressivitätsgrad. Kurz gesagt: Ein Meisterwerk. Pflichtkauf!

Wertung: 9.5 / 10

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