Das Cover von "The Great Apocalypse" von Insania

Review Insania – The Great Apocalypse

Wer auch nur oberflächlich die aktuelle Nachrichtenlage verfolgt, wird recht schnell den Eindruck gewinnen, dass die Welt im Eimer ist. Wenn uns die allerorten aufflammenden Konflikte nicht den Garaus machen, werden uns ziemlich sicher die katastrophalen Folgen des Klimawandels den Rest geben, so scheint es. Und während sich die Wissenschaft derzeit (noch) einig ist, dass diese Katastrophe abwendbar ist, hat die Menschheit diesen Punkt auf INSANIAs „The Great Apocalypse“ bereits überschritten. Das nicht gerade schöne, aber doch aussagekräftige Cover-Artwork transportiert eine deutliche Botschaft: Wenn die ebenso egoistische wie dämliche Spezies Mensch erst den Planeten verlassen hat, erholt sich die Natur und Papa Hirsch kann wieder ungehindert mit seinem Nachwuchs umherstreifen – ein schöner Gedanke. Irgendwie.

Damit ist „The Great Apocalypse“ ein astreines Konzept-Album geworden, denn INSANIA behandeln das beschriebene Szenario in den neun Songs ausführlich. Macht der Opener „The Trinity“ zunächst deutlich, dass dank der kurzsichtigen Gier des Menschen weder Wissenschaft noch technologischer Fortschritt in der Lage waren, den Untergang zu verhindern, regnet ab dem hinteren Drittel der Platte dann Feuer vom Himmel, bis im abschließenden Titeltrack der Letzte das Licht ausmachen darf. Solcherlei lyrische Selbstgeißelung kann schnell etwas Moralinsaures haben, aber INSANIA behandeln das Thema in ihren Texten überraschend gut und berühren ihre Hörerschaft damit mehr, als diese vielleicht erwartet. Wenn der einzige Trost ist, dass es nach dem „großen Knall“ wenigstens dem Rest der Schöpfung besser geht und man immerhin Hand in Hand in den Untergang gehen kann, ist die Lage wahrlich düster – INSANIA transportieren diese Stimmung auf ihrem neuen Album meisterhaft.

Musikalisch hat sich bei den Schweden im Vergleich zum Vorgänger trotz schwerem inhaltlichem Stoff und einschneidender Besetzungswechsel nicht allzu viel verändert. INSANIA spielen nach wie vor energetischen Power Metal in der Schnittmenge aus modern und traditionell. Modern, weil die glatte Produktion und der dezente Keyboard-Anteil eher an neuere Bands wie NEW HORIZON und mitunter gar DYNAZTY erinnern; traditionell, weil man nicht nur, aber hauptsächlich in den Refrains Vorbilder wie die Genre-Urväter HELLOWEEN und GAMMA RAY heraushören kann. Die erhebenden Refrains stehen dabei nur scheinbar im Gegensatz zum bedrückenden Inhalt, denn eigentlich unterstreichen sie die Aussichtslosigkeit der beschriebenen Situation – wenn es keinen Ausweg mehr gibt, hat es auch keinen Sinn mehr, sich darüber aufzuregen.

Die angesprochenen Besetzungswechsel konnten der generellen Ausrichtung von INSANIA also nichts anhaben, völlig spurlos gingen sie jedoch auch nicht an der Truppe vorüber. Wenigstens der Abgang von Gitarrist Peter Östros ist auf „The Great Apocalypse“ spürbar: Gründungsmitglied Niklas Dahlin stemmt die Solo-Gitarrenarbeit diesmal alleine und macht dabei einen grandiosen Job – das fällt auf. Zwar bewegen sich die Leadgitarren-Passagen nach wie vor auf allerhöchstem Niveau, auf dem überragenden „V (Preparatus Supervivet)“ gab es dank Herrn Östros aber noch eine Ebene, die diesmal fehlt. Das fällt im Gesamteindruck kaum ins Gewicht, ist aber auch zu deutlich, um es gänzlich zu ignorieren. Ola Halén hingegen, der mittlerweile auch die zweite Gitarre übernommen hat, klingt mindestens so gut wie auf dem Vorgänger – es bleibt spannend, ob das live bei neuerlicher „Doppelbelastung“ genauso gut funktionieren wird.

Natürlich ist „The Great Apocalypse“ kein Power-Metal-Album nur für Öko-Aktivisten, aber es regt doch mehr zum Nachdenken an, als in diesem inhaltlich zumeist eher flachen Genre gemeinhin üblich. Der lyrische Tiefgang ist trotz radikalem Umbau der Band-Besetzung also die größte Überraschung, die INSANIA 2025 zu bieten haben, und das will bei einer Power-Metal-Band schon einiges heißen. Ansonsten spielen die Schweden weiterhin technisch superben, melodischen Metal mit einem Übermaß an Energie, was alle ihre Fans zufriedenstellen und ihnen noch ein paar neue bescheren dürfte. Mit dem völlig unerwartet veröffentlichtem Vorgänger-Werk, das wirklich ausschließlich Superlative zu bieten hatte, kann „The Great Apocalypse“ naturgemäß nicht ganz mithalten – ein fantastisches Power-Metal-Album ist es aber dennoch.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Wertung: 8 / 10

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert