Review Irminsul – Irminsul

Ob sie eine tiefere Verbindung zu Norddeutschland haben, ist ungewiss. Zumindest aber haben sich diese jungen Schweden die altsächsische Weltensäule, die Karl der Große vor über 1200 Jahren zerstören ließ, zum Namen gemacht. Damit ist wenig überraschend, dass IRMINSUL den heidnischen Pfad einschlagen. 2005 formierten sich die Jungs und brachten eigentlich weniger als vier Jahre später ihr Debütalbum heraus, welches durch die Schließung des alten Labels aber erst 2010 „so richtig“ unters Volk gebracht wurde.

Die Göteborger haben sich einer besonders melodischen Variante des Viking Metal verschrieben. Das wird bereits bei den ersten Klängen von „Urberg“ deutlich, welches wie die meisten Stücke von der Geige geführt wird. Gitarren drängen sich eher selten in den Vordergrund, aber wenn, dann haben wir es mit sehr schönen Melodielinien und manchem gekonnten Solo zu tun. Vor allem aber sind IRMINSULs Songs von sehr harmonischen Refrains mit gemischtem Chor geprägt und ab und zu werden mit dem Keyboard kleine, verspielte Akzente gesetzt. Dabei entströmt der Platte trotz Growl-Strophen durchweg eine behagliche Stimmung, die irgendwo zwischen beschwingter Feierlaune und typisch skandinavischem Schwermut angesiedelt ist. Ja, manche Chöre versprühen gar Kirchenlied-Charme, und das ist durchaus positiv gemeint!

Folglich jagen einem die Songs auf „Irminsul“ rein gar keine Furcht ein. Dazu sind alle Instrumente, die in dem Genre eigentlich Dampf machen, auch viel zu hintergründig eingesetzt und abgemischt. Selbst Lieder mit Titeln wie „Frostgeburt“, „Der Hexenhammer“ oder „Der Verräter“ sind in ein Wohlfühlgewand gekleidet. Hierin liegt der größte Nachteil der Platte, denn auch wenn Songs wie „Vigridslätt“ und „Midvinterblot“ ganz klar verschieden klingen – etwas mehr atmosphärische Varianz hätte dem Album gewiss gut getan. Ich bin überzeugt, dass die talentierten Musiker auch Wutbürger spielen könnten, nur leider geschieht dies bei „Irminsul“ an keiner Stelle. Auch deutlichere Tempowechsel und etwas mehr Druck bei der Produktion hätten gewiss nicht geschadet.

Aber – IRMINSUL nerven nicht! Was erst einmal härter klingt, als es gemeint ist, bedeutet: Die Schweden haben eine schöne Platte melodischen Folk Metals geschmiedet, die zu keinem Zeitpunkt penetrant oder unangenehm klingt. Ohrwürmer finden sich zuhauf, die Melodien sind großteils bestechend und insbesondere die klaren Gesänge in Verbindung mit der genau richtig dosierten Geige erzeugen eine ganz besondere Stimmung, die förmlich zu Wanderungen durch verschneite Wälder einlädt. „Irminsul“ ist ein ziemlich rundes Werk, welches trotz (oder gerade wegen?) seines sehr eigenständigen Klangs keinen Vergleich mit Viking- und Folk Metal-Größen zu scheuen braucht.

Wertung: 7 / 10

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