Ison - Stars & Embers Cover

Review Ison – Stars & Embers

Mit ihrer Musik fangen ISON eine ganz eigene und doch gewiss vielen bekannte Stimmung ein: das Gefühl, das man verspürt, wenn man zu den Sternen aufschaut, dabei über das große Mysterium des Universums staunt und sich diesem auf sonderbar persönliche Weise verbunden fühlt. Nach dem Weggang von Heike Langhans gegen Ende 2019 schien die faszinierende „Cosmic-Drone“-Band jedoch auf ein schwarzes Loch zuzusteuern. Projektkopf Daniel Änghede konnte das Ruder allerdings herumreißen und mithilfe einer illustren Schar von Gastsängerinnen mit „Aurora“ (2021) ein weiteres fantastisches Werk hervorbringen. Eine davon, Lisa Cuthbert, leistet Änghede inzwischen permanent Gesellschaft und so darf man sich über einen weiteren Trip durch wundersame Sphären freuen: „Stars & Embers“.

Mehr als ein Jahr lang arbeitete Änghede an der Platte – ein Zeitraum, der einem Social-Media-Posting des Multi-Instrumentalisten zufolge abwechselnd von Schreibblockaden, Wellen der Inspiration, Selbstzweifeln und Euphorie bestimmt war. Anstatt diese Unsicherheiten mit klanglichem Bombast zu überspielen, zeigen ISON sich auf „Stars & Embers“ mehr denn je von ihrer Vision überzeugt. So handelt es sich dabei um das bis dato luftigste Album der Band, die sich damit noch deutlicher von Änghedes in bodenständigem Rock verwurzelter Zweitband Venus Principle abhebt.

Die kantigen Gitarren, die auf der „Cosmic Drone“-EP (2015) noch häufig zu hören waren und später zunehmend in den Hintergrund getreten sind, werden von ISON mittlerweile nur noch spärlich und meist im Zuge von Steigerungen gegen Ende der Songs eingesetzt. Höhepunkte wie die sich aufbäumenden Vocals und Doom-Metal-Leads gegen Ende von „Formations“ kann man auf „Stars & Embers“ allerdings an einer Hand abzählen. Stattdessen erschaffen ISON mit gedämpften Synthesizern und Beats, unaufdringlichen Electro-Sounds und größtenteils im Hintergrund schwebenden Post-Rock-Gitarren ein sich ständig im kosmischen Fluss befindliches Klanggemisch, das auf seine eigene, besänftigende Weise doch ungemein einnehmend ist („Radiant Void“).

Gesanglich halten die Mitwirkenden sich auf „Stars & Embers“ ganz im Einklang mit dem schwerelosen Grundton der Musik absichtlich zurück, obwohl zumindest manche von ihnen bekanntermaßen über ein starkes Organ verfügen. Das einleitende „Luminescent Reverie“ etwa ziert Dimming mit ihren zuckersüß gefiepten Vocals, Mikael Stanne (Dark Tranquillity) sinniert in „Peregrination“ mit nüchterner Stimme und Änghede selbst überlässt das Feld weitgehend Cuthbert, die Langhans mit ihrem gesetzten Gesang durchaus würdevoll nachfolgt, wenn auch wenig eigene Akzente setzt.

„Stars & Embers“ mag im Vergleich zu den vorherigen Veröffentlichungen der Band erst einmal recht unspektakulär erscheinen. Manche der Stücke ziehen sich durchaus ein bisschen zu sehr in die Länge – allen voran der 17 Minuten lang dahingleitende Closing-Track „Embers“ – und nur wenige nehmen aufregende Wendungen. Hört man ISON aufmerksam und allenfalls mehrmals zu, versinkt man in dem vielschichtigen, sphärischen Sound der Platte schließlich aber doch wie in einem interstellaren Nebel. Wer sich von „Stars & Embers“ nicht so unmittelbar ergriffen fühlt wie etwa von „Inner – Space“ (2019), sollte also zumindest die Geduld aufbringen, dem Album ein paar Durchläufe zu schenken.

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Wertung: 7.5 / 10

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