Review Kalmah – For The Revolution

KALMAH kommen aus Finnland, hießen mal Ancestor und wurden unter diesem Namen schon vor siebzehn Jahren gegründet. Das ist ja schon mal ’ne Menge Holz, aber irgendwie hat es seitdem gerade mal für vier Alben gereicht. Die waren dafür aber allesamt mehr als großartig. Und seit dem 2003er Output des Fünfers um die fingerfertigen Kokko-Brüder zähle ich die „Swamplords“ beständig zu meinen drei Lieblingsbands. Das Nachfolgewerk „The Black Waltz“ bestätigte mich schon darin und nun, fast zwei Jahre später, steht mit dem fünften Silberling die Revolution ins Haus.

„For the Revolution“ heißt der neuste Streich aus dem Heimsumpf der Finnen. Auf dem Cover prangt einmal mehr das Bandmaskottchen, der grimmige Swamplord im „Black Waltz“-Design (das mir übrigens viel besser gefällt als die erste Fassung), der eine geisterhafte Armee anführt. Sehr cool. Der Opener und Titeltrack in Personalunion machte ja schon vorab im Internet (und im finnischen Radio) die Runde, aber tun wir doch einfach mal so, als wäre ich völlig unvorbelastet an die Scheibe rangegangen.

Huch? Was zum…? Falsche CD aus dem Regal gefischt? Oder ist tatsächlich wahr geworden, was all die Unkenrufer schon seit den Anfängen der Band behaupteten? Sind KALMAH zu einem bloßen Abziehbild der Children of Bodom verkommen? War’s das mit dieser einst so großen Band? Und können einem innerhalb von 31 Sekunden wirklich so viele Fragen durch den Kopf schießen? So lang dauert das Intro des Openers nämlich, das so frappierend an die Bodomskinder erinnert, dass man jeden Augenblick Alexis markiges „Fuck yeah“ erwartet.

Das bleibt aus, stattdessen feuern die beiden Kokkos eine Breitseite ab. Antti mit der Gitarre, Pekka mit seinem mächtigen Organ. Und sofort sind alle Zweifel weggeblasen. Das sind KALMAH! Spätestens wenn Pekka dann im Refrain „For, for the/Revolution!“ keift, treten dem wahren Fan Tränen in die Augen. Darauf haben wir zwei Jahre gewartet und es hat sich gelohnt. Mit einem genialen Chorus, einem lässigen Solo und dem wuchtigen Schlagzeug-Geboller ist „For the Revolution“ direkt mal heißer Anwärter auf den Titel „geilster KALMAH-Song ever“. Das fängt ja gut an. Also gleich weiter.

Und erneut klappt mir bei „Dead Man’s Shadow“ die Kinnlade runter. Oha? Gab’s den Song nicht schon auf „The Black Waltz“ und hieß er da nicht noch „The Groan Of Wind“? Das Intro ruht sich wirklich auf fast derselben Melodie aus. Es ist doch nicht wirklich schon die Luft raus, oder? Mitnichten. Denn plötzlich stimmt Drummer Janne Kusmin einen galoppierenden Rhythmus der Marke Iced Earth an und der Song entwickelt eine Dynamik, die mich als Laien irgendwie an slawische Volksmusik erinnert. Und das ist positiv gemeint.

Die größten Überraschungen auf „For the Revolution“ verstecken sich damit schon in den ersten zwei Songs, danach get es ruhiger zur Sache. Allerdings nur was unvorhergesehene Wendungen angeht. Denn KALMAH holzen auf ihrem fünften Album, als ob es kein Morgen gibt. Die Musik lebt immer noch von denselben Zutaten, wie sie es schon seit jeher tut: der gewaltigen Gitarre von Antti Kokko, der rasenden Schießbude des Janne Kusmin, den majestätischen Keyboards von Marco Sneck und von Pekkas rauhem Gesang. Und es funktioniert nach wie vor. KALMAH fahren ein wuchtiges und zugleich unglaublich eingängiges Brett von einem Album auf, das einfach Spaß macht.

Unterbrochen wird das 43-minütige Geballer immer wieder von kleinen, ruhigeren Einwürfen, wie dem Chor im Refrain von „Holy Symphony Of War“, der melancholischen Halb-Ballade „Ready For Salvation“ oder dem epischen Intro von „Outremer“. Pekka zeigt sich gesanglich ebenfalls von seiner variablen Seite. Einerseits fährt er die tiefen „Black Waltz“-Growls auf, andererseits streut er auch immer mal wieder sein heiseres „Swampsong“-Kreischen ein. Auf Klargesang, wie KALMAH ihn bislang nur bei „Moon Of My Nights“ praktizierten, muss man leider komplett verzichten, dafür kommt der Hauseigene Chor (wenn das noch dieselben wie auf der „Black Waltz“ sind, dann dürfte das wohl „The Official Kalmah Pig Unit“ sein) des öfteren zum Einsatz.

43 Minuten sind rum, die letzten Töne des Rausschmeißers „Like a Slave“ verklingen. Was bleibt nun zu sagen? Hm, gute Frage. Mit „For the Revolution“ erfinden KALMAH sich nicht neu, aber irgendwie wieder doch. Klingt kompliziert, ist aber so. Die Scheibe klingt so frisch und unverbraucht, wie man es von einer Band, die seit 17 Jahren aktiv ist, gar nicht vermuten möchte. Auf der anderen Seite ist die Musik aber auch zu mindestens hundertzehn Prozent KALMAH. Mit „For the Revolution“, „Ready for Salvation“, „Outremer“ und dem genialen „Wings of Blackening“ befinden sich einige der stärksten KALMAH-Songs überhaupt auf dem Ding. Und genau dafür liebe ich diese CD. Wegen ein paar etwas platten Momenten (zum Beispiel der Refrain von „Holy Symphony Of War“) gibt es einen minimalen Punktabzug in der B-Note, aber davon abgesehen kann mein Fazit nur folgendermaßen aussehen:

KALMAH regieren. Für mich persönlich waren sie zwar schon immer da, aber nachdem die Konkurrenz, namentlich CoB, In Flames und Kollegen, mit ihren letzten CDs mächtig schwächelten, läuten KALMAH mit ihrem neuen Meisterwerk die Revolution ein und setzen sich klar an die Spitze des Melo-Death-Genres.

Wertung: 9.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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