Karin Park - Church Of Imagination Cover

Review Karin Park – Church Of Imagination

  • Label: Pelagic
  • Veröffentlicht: 2021
  • Spielart: Entmetallisiert, Art-Pop, Synth-Pop

Für viele Metalheads, aber auch Musiksnobs im Allgemeinen ist „Pop“ traditionell ein böses Wort. Dabei waren Mainstream-Tauglichkeit und künstlerische Ambition in Wahrheit nie einander ausschließende Gegensätze. Eine jener Kreativen, die ein besonderes Talent dafür haben, Experimentierfreude mit gefälligem Songwriting zu versöhnen, ist KARIN PARK. Als Einzelkünstlerin und Mitmusikerin ihres Ehemanns Kjetil Nernes (Årabrot), die bereits mit David Bowie und Lana del Rey die Bühne geteilt und ein Lied für eine Eurovision-Song-Contest-Teilnehmerin geschrieben hat, ist die Skandinavierin in beiden Welten zuhause – in den glamourösen Kreisen der Stars der Musikbranche wie auch im obskuren Underground. Mit ihrem sechsten Soloalbum „Church Of Imagination“ feiert KARIN PARK die Magie der menschlichen Vorstellungskraft.

Ihre Musik, die KARIN PARK mit der 2015er Vorgängerplatte auf den überaus treffenden Namen „Apocalypse Pop“ getauft hat, zeigt auf, was möglich ist, wenn man sich über Konventionen hinwegsetzt, ohne dabei den Reiz einer guten Hook zu verschmähen. „Church Of Imagination“ mit einer kurzen Phrase auf den Punkt zu bringen, ist nahezu unmöglich, wechselt KARIN PARK doch von Song zu Song ihre Klangpalette, so als wühle das ehemalige Model sich durch seinen üppig bestückten Kleiderschrank.

Ihre Eigenwilligkeit stellt die Musikerin gleich zu Beginn ausgerechnet mit einem Cover unter Beweis: Mit tragischem Gesang, Piano und Streichern verwandelt sie The Cures „A Forest“ von einer kargen, rastlosen Goth-Rock-Nummer in ein bedeutungsschweres, getragenes Chamber-Pop-Stück. Autonomie und Selbstverwirklichung ziehen sich als mal mehr, mal weniger explizit besungenes Kernthema durch die darauffolgenden Songs. In „Blue Roses“, das mit seinem Fokus auf die so anmutige wie eindringliche Gesangsperformance der Künstlerin den größten Pop-Appeal versprüht, zeichnet KARIN PARK ihren Werdegang als selbstbestimmte Außenseiterin nach. Kurz darauf gibt sie sich im tief scharrenden, bedrohlichen „Dangerous Caress“ einem ominösen Verführer hin („Everybody seems so EDM / Baby, you are rock ’n’ roll“) – und doch ist klar, dass sie selbst zu jeder Zeit die Zügel in der Hand hält, die Kontrolle nur zum Schein abgibt.

„Empire Rising“ mit seiner energischen Vocal-Performance, seinen stampfenden Rhythmen und seiner dominanten Bassline ist schließlich der perfekte imaginäre Power-Trip, in dem KARIN PARK jedwede Bescheidenheit ablegt und sich selbst unter anderem als David Bowie und Grace Jones vorstellt. Dazwischen erschafft sie faszinierende Klangkulissen aus den Ohren schmeichelnden Electro-Sounds und Beats („Magix“, „Glass House“), mischt beschwörenden Synth-Pop („Omens To Come“) mit souligen Chören („Shape Of A Child“) und wandelt im sperrigen, mit unsanften Streichern und mysteriösen Flöten aufwartenden „A Thousand Minds“ auf den Spuren von Björks „Utopia“ (2017).

„Church Of Imagination“ wird seinem Titel voll und ganz gerecht. Gäbe es ein Gebetshaus, das der Huldigung des künstlerischen Einfallsreichtums geweiht ist, dann stünde KARIN PARK darin als spirituell Erleuchtete auf der Kanzel. Der Titel lässt allerdings auch einen persönlichen, mit dem Thema der Selbstermächtigung zusammenhängenden Hintergrund vermuten. Die Musikerin hat die Platte nämlich in ihrem Heimstudio aufgenommen – einer ehemaligen Kirche in ihrem Heimatdorf, die die von ihrer christlich geprägten Kindheit ins Rebellentum getriebene Künstlerin gekauft und zu ihrem Zuhause umfunktioniert hat. Wer Popsongs hiernach immer noch pauschal als seelenlose Konsumware abtut, zieht die eigene Engstirnigkeit offenbar guter Musik vor.

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Wertung: 8.5 / 10

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