Review Killswitch Engage – Killswitch Engage

KILLSWITCH ENGAGE und ich, hach, das ist ’ne Geschichte… Irgendwann vor ewigen Zeiten (und den obligatorischen drei Tagen) – ich schätze mal, dass es 2003 rum war – legte mir ein Freund die Band und ihr zweites Album „Alive Or Just Breathing“ ans Herz, lieh es mir sogar aus und versuchte mich so auf den Geschmack zu bringen. Die ersten Durchläufe waren eine ziemliche Ernüchterung, irgendwie klang alles gleich, alles nicht besonders toll mit Ausnahme des Tracks „Just Barely Breathing“. Aber Zeit verging, ich hörte das Album öfter und irgendwann fand ich irgendwie Gefallen daran. Zu meinen Lieblingskrachmachern schafften es die sympathischen Neuengländer damit zwar nicht, aber ganz cool war’s doch trotzdem. Den Sängerwechsel bekam ich auch noch mit, „Rose Of Sharyn“ plätscherte mir auch ein paar mal durch die Gehörgänge, aber danach verschwanden KILLSWITCH ENGAGE irgendwie aus meinem Blickfeld und da tauchten sie erst mit dem „Holy Diver“-Cover (das ich persönlich eigentlich recht cool finde) wieder auf. Und jetzt ist die neue Langrille da. Da ließ ich es mir doch nicht nehmen, mal ein Ohr drauf zu werfen.

Rückschritt statt Fortschritt im Hause KILLSWITCH ENGAGE? Damit meine ich jetzt keine Stagnation im klassischen Sinne, sondern mehr eine Rückkehr zu den Wurzeln oder vielleicht auch ein Neuanfang, Albumtitel und Trackliste sprechen irgendwie dafür. Denn nicht nur heißt das gute Stück genau so wie die zehn Jahre zuvor erschienene Demo, resp. das erste Album aus dem Jahre 2000, nämlich „Killswitch Engage“, auch der Track „Starting Over“ klingt so, als ob die fünf Westfielder nach ihren vorigen Alben, die nicht gerade mit ungeteilter Gegenliebe angenommen wurden, einen Neuanfang versuchen wollten. Und auch wenn ich „As Daylight Dies“ nicht gehört habe, so wage ich doch zu behaupten, dass man das auch ihrem Sound anmerkt.

Frisch und unverbraucht klingen KILLSWITCH ENGAGE im Jahre 2009. Und irgendwie anders als zuvor. Noch immer spielen sie Metalcore mit leichten Melo-Death-Anleihen, aber trotzdem vollbringen sie auf ihrem mittlerweile fünften Album ein ganz bewundernswertes Kunststück, das schon im ersten Track „Never Again“ durchklingt. Einerseits haben wir hier die ungestüme Wut des Metalcores der alten Tage, wuchtige Double-Bass, heftige Gitarrenattacken, Howard Jones (meiner Meinung nach einer der besten Sänger im Metalcore-Bereich, auch besser als sein Vorgänger Jesse Leach, zumindest was den Klargesang angeht) shoutet sich hier durch, als ob sein Leben davon abhängen würde, so weit also alles wie gehabt. Aber dann kommen sie daher, die extrem melodischen Leads und Soli. Der steigende Einfluss des Melodic-Death-Metals? Möglich, aber irgendwie bleibt das Ganze doch durch und durch Metalcore, aber mit diesem kleinen distinktiven Unterschied, diesem Quentchen, das mir bei anderen Metalcore-Bands immer gefehlt hat.

Ja, Melodien werden hier groß geschrieben. Hier wird allzeit auf höchstem technischen Niveau gerifft, als ob es kein Morgen gäbe, eine tolle Hookline nach der anderen, emotional ebenfalls alles im grünen Bereich. Und dann auch noch so filigran und abwechslungsreich. „Starting Over“ hat ein paar Riffattacken zu bieten, die mich persönlich irgendwie an College-Rock erinnern, sich aber 1A mit dem Metalcore-Grundgerüst verbinden. Das geniale „Reckoning“ wird dann mit heftigem Tremolo-Riffing sogar richtiggehend episch und sollte hier als ganz klarer Anspieltipp genannt werden. Und „A Light In A Darkened World“ zeigt dann überdeutlich die Anleihen an den Death Metal der vorwiegend götheborgischen Schule. Das coole Riffing des Songs erinnert mich irgendwie an das, was Dissection auf ihrem letzten Album abgeliefert haben, ganz besonders an „God Of Forbidden Light“. Aber das ist natürlich nicht alles, was KILLSWITCH ENGAGE zu bieten haben, eigentlich kann jeder Song ein paar verdammt coole Stellen für sich verbuchen. Das recht technische Intro von „Take Me Away“, der Refrain von „The Forgotten“, der Mittelteil von „Lost“, das sind Melodien für die Ewigkeit.

Also eigentlich nichts faul im Staate Dänemark, beziehungsweise im Hause KILLSWITCH ENGAGE, oder? Melodieorientierter Metalcore, das ist doch genau das, was ich mir schon seit längerer Zeit gewünscht habe, endlich mal eine Band, die sich wieder angenehm vom Einerlei abhebt. Nix zu meckern? Höchstnote? Ne, leider nicht. Denn so stark KILLSWITCH ENGAGE sich auf „Killswitch Engage“ zeigen, so ärgerlich ist es dann, wenn sie ihre halbgaren Momente auffahren. Und die liegen größtenteils in den… ich sag mal „Emo“-Momenten drin. Man kennt das von der Band (oder von einem der umpfzig Klone) ja schon, heftige Strophe, klarer, epischer, pathetischer Refrain. Nichts ungewöhnliches und Howard Jones meistert den Klargesang wie gesagt auch problemlos. Aber manchmal rutschen KILLSWITCH ENGAGE in diesen Augenblicken halt auf dem schmalen, glatten Pfad zwischen theatralischer Emotionalität und zuckersüßem Kitsch aus und können sich nur noch mit knapper Not davor bewahren, mit dem Kopf zuerst in zweiteres reinzustürzen. Der Refrain von „I Would Do Anything“ mit seinem Tränendrüsen-Text, oder der aufgesetzte Herzschmerz in der zweiten Hälfte von „The Return“…

Aber das passiert zum Glück eher selten, die meiste Zeit bieten KILLSWITCH ENGAGE auf ihrem fünften Album geile Melodien, heftiges Geboller und eine saucoole Attitüde, die einfach nur eine Menge Spaß macht. Die Spielzeit der CD findet mit 38 Minuten auch einen guten Mittelweg zwischen Value-for-Money (naja) und Kurzweil und genau das ist „Killswitch Engage“ auch. Ein kurzweiliges, verdammt cooles Album mit ein paar kleineren Schönheitsfehlerchen.

Wertung: 8 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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